Jogginghosen-Musical feiert ein Kleidungsstück

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Charlotte Pfeifer macht Theater in Dithmarschen. Mal steht die Performance-Künstlerin als Boy H. Werner, Experte für fast alles, auf der Bühne, mal lädt sie zu Kunstveranstaltungen im öffentlichen Raum ein. Mit dem multidisziplinären Ensemble Traummaschine Inc. hat Charlotte Pfeifer ein Musical gemacht. Die Hauptpersonen sind Jogginghosen.

Hosen als Helden

Über Videowände sprechen Jugendliche mit. Foto: Traummaschine Inc


Charlotte, das Stück heißt „Sweats – ein Jogginghosen-Musical“. Was bitte ist ein Jogginghosen-Musical, und worum geht’s?


Charlotte Pfeifer: Ein Jogginghosen-Musical ist in erster Linie ein Musical. Inhaltlich geht es um Jogginghosen in verschiedenen Formen. Unter anderem spielen wir selbst Jogginghosen. Es gibt keine durchgehende Handlung, keine klassische Heldenreise oder Liebesgeschichte, stattdessen mehrere Ebenen, die Spotlights auf das Thema werfen. Wir haben auch mit Jugendlichen gearbeitet, die auf der Bühne präsent sind in Form von Videos. Diese Jugendlichen geben Anweisungen, was gut aussieht und was nicht. Damit drehen wir den Spieß um, weil sonst meist die Jugendlichen Ratschläge kriegen, wie sie sich verhalten und was sie anziehen sollen.

Jogginghosen-Verbot in der Schule


Die Jogginghose ist ein spezielles Kleidungsstück: Einige Leute tragen sie nie, andere tragen fast nichts anderes. Geht es bei dem Stück auch darum, was die Wahl der Kleidung über die Gesellschaft aussagt?


Pfeifer: Ja, genau. Die Idee ist bei einem Workshop in einer 10. Klasse in München entstanden, wo das Stück uraufgeführt wurde. Die Schüler:innen fanden es ungerecht, dass es an ihrer Mittelschule ein Jogginghosen-Verbot gab, am benachbarten Gymnasium dagegen nicht. Von der Lehrerschaft gab keine Erklärung für das Verbot, nur so wohlmeinende Hinweise. Aber im Prinzip geht es um klassistische Gründe. Eigentlich ist die Jogginghose ein Kleidungsstück, das bequem ist, das jeder tragen kann. Gleichzeitig wird es massiv geshamed. Das ist den Jugendlichen selbst auch total klar. Sie nennen selbst Anlässe, zu denen sie keine Jogginghose tragen würden, etwa bei einem Vorstellungsgespräch.

Wer trägt wann was? An der Jogginghose spaltet sich die Gemüter. Foto: Traummaschine Inc.


Und will das Jogginghosen-Musical zur Ehrenrettung der Hose beitragen?


Pfeifer: Wir feiern die Jogginghose, ganz klar! Es gibt in dem Stück eine Figur, die Jeans-Hydra, die für die Autoritätsfiguren steht, die über die Jogginghose urteilen. Dabei hat die Jeans praktisch dieselbe Entwicklung durchgemacht. Sie war eine Arbeiterhose, heute dagegen ist man mit Jeans überall lässig, aber gut angezogen.

Traummaschine Inc. plant weitere Stücke rund um Kleidung


Die Aufführung fand in einer Schule in Hamburg statt. Warum ausgerechnet dort, und ist es ein Stück nur für Kinder und Jugendliche?


Pfeifer: Es ist für Jugendliche ausgelegt, aber wir machen grundsätzlich Stücke, die für alle funktionieren. Jugendliche mit Theater zu erreichen, ist nicht leicht, vor allem, wenn man selbst schon älter ist. Der Cringe-Faktor darf nicht zu hoch sein. Deshalb haben wir mit den Jugendlichen gearbeitet, weil wir es komisch fänden, wenn die nicht dabei wären. Die Stadtteilschule Horn war als Aufführungsort ganz toll, das Team ist sehr engagiert ist und uns ganz reizend aufgenommen.


Wieso wurde das Stück ausgerechnet in München und in Hamburg aufgeführt?


Pfeifer: Das Stück entstand als Produktion der Kindertheatergruppe Traummaschine Inc. Wir sind ein Kollektiv aus vier Künstler:innen, zwei aus München, zwei aus dem Norden, also aus Dithmarschen. Wir haben das Stück gemeinsam mit dem Autoren Jan Geiger selbst entwickelt. Es ist sozusagen unser Markenzeichen, dass wir ohne Textvorlage arbeiten, weil wir das sehr gern machen.


Das ist aber auch eine aufwändig. Bekommt ihr Fördermittel?


Pfeifer: Ja, wir werden sogar von mehreren Stellen gefördert, von der Stadt Hamburg, die uns Mittel für die Konzeptentwicklung gibt, und dazu noch eine Förderung aus dem Fonds darstellender Künste. Daher können wir alle Stück in Hamburg und München zeigen, was uns sehr freut. In den nächsten Jahren sollen weitere Stücke zum Thema „was anziehen“ folgen.

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