Rund 60 Vertreter*innen aus Kulturszene, Kulturpolitik und -verwaltung kamen zur diesjährigen Landeskulturkonferenz, organisiert vom Landeskulturverband Schleswig-Holstein (LKV), ins Nordkolleg Rendsburg. Die Veranstaltung, die unter dem Zeichen der geplanten Kürzungen im Kulturhaushalt des Landes stand, begann mit einem Impulsvortrag von Kulturministerin Karin Prien. Sie betonte, dass die geplanten Einsparungen langfristig wirken sollten, sodass in den kommenden Jahren keine weiteren drastischen Schnitte notwendig seien. Sie wies jedoch auch darauf hin, dass geopolitische Krisen und wirtschaftliche Unsicherheiten weiterhin Einfluss auf die Haushaltsplanung nehmen könnten.
Moderiert von Kilian Lembke (LKV) tauschte sich die Ministerin in der anschließenden Podiumsdiskussion mit Tanja Lütje (Stabsbereich Kultur Kreis Stormarn) Hartmut Schröder (Landesmusikrat Schleswig-Holstein) und Janina Benduski (Berliner Kulturkonferenz) intensiv über Lösungswege aus. Gesprochen wurde über Kultur als „freiwillige Leistung“, Kommunikation und Kooperation innerhalb der Kulturszene, sowie über innovative Ansätze der Kulturförderung.
Kultur als Querschnittsaufgabe
Besonders eindrücklich war der Bericht von Tanja Lütje über die Kulturförderung im Kreis Stormarn, wo Kultur als Querschnittsaufgabe verstanden wird. „Wir haben erkannt, dass Kultur nicht isoliert betrachtet werden darf, sondern etwas ist, das in alle Bereiche hineinwirkt“, erklärte Lütje.
Im Kreistag bestehe Konsens, dass Kultur kein Luxus, sondern essenziell für das gesellschaftliche Zusammenleben sei. Diese Haltung habe dazu geführt, dass kulturelle Projekte nicht ausschließlich aus dem Kulturbudget finanziert würden, sondern auch in anderen Haushaltsbereichen wie zum Beispiel Bauen, Planen, Wohnen oder Personalwesen verankert seien. So würden zum Beispiel bei Verwaltungsreformen im Kreis Künstler*innen einbezogen, um kreative Ansätze für moderne Führungsstrukturen zu entwickeln.
Die Herangehensweise, Kultur ressortübergreifend zu denken, zeigt nicht nur, wie finanzielle Ressourcen ganzheitlich genutzt werden können, sondern verdeutlicht auch, wie Kultur als Motor für Innovation und gesellschaftlichen Mehrwert wirken kann. Lütje hob hervor, dass dieser strategische Ansatz die kulturelle Arbeit in Stormarn auch in Zeiten knapper Kassen absichere.
Kostenfallen: Inflation und Tarifsteigerungen
Ein zentrales Thema der Diskussion war die Auswirkung von Inflation und Tarifsteigerungen auf die Kulturförderung. Kilian Lembke wies darauf hin, dass steigende Kosten für Personal und Infrastruktur viele kulturelle Einrichtungen in finanzielle Schieflage bringen. „Selbst wenn die Fördermittel formal gleich bleiben, bedeutet dies durch die Inflation de facto eine Kürzung“, erklärte er. Besonders kleinere Vereine und Institutionen könnten diese Mehrkosten nicht ausgleichen.
Janina Benduski ergänzte, dass die freie Szene durch diese Entwicklungen besonders gefährdet sei, da Honorarkräfte häufig weder tariflich abgesichert noch in bestehende Förderstrukturen eingebunden seien. „Honorarkräfte sind das Rückgrat vieler kultureller Projekte, doch sie werden oft am schlechtesten bezahlt“, sagte Hartmut Schröder, und Benduski stimmte zu, dass diese Gruppe in den aktuellen Fördermodellen häufig übersehen werde. Beide forderten, dass Fördermittel dynamisch an die steigenden Kosten angepasst werden müssten, um faire Arbeitsbedingungen zu gewährleisten und die Vielfalt der Kulturlandschaft zu sichern.
Kultursponsoring keine Alternative
Als mögliche Alternative zur öffentlichen Kulturförderung wurde das Sponsoring angesprochen – ein Modell, das Hartmut Schröder entschieden ablehnte. „Sponsoring funktioniert nur unter spezifischen Bedingungen – etwa bei großen Institutionen wie dem Schleswig-Holstein Musik Festival, das eine professionelle Sponsoringabteilung hat“, erklärte er.
Für kleinere Institutionen sei dies jedoch kaum realisierbar, da Sponsoring nicht nur große Ressourcen erfordere, sondern auch Abhängigkeiten schaffen könne, die die künstlerische Freiheit einschränken. Schröder plädierte stattdessen für eine stärkere öffentliche Finanzierung, um die Vielfalt und Unabhängigkeit der Kultur zu sichern.
Kürzungsgrund „freiwillige Leistung“ – ein gefährliches Missverständnis
Die rechtliche Einstufung von Kultur als „freiwillige Leistung“ in den kommunalen Haushalten war ein weiterer zentraler Diskussionspunkt. „Das Problem ist, dass viele Kommunalpolitiker diesen Begriff als Einladung zum Sparen verstehen“, so Schröder. Die rechtliche Lage sei komplexer, stimmte Ministerin Prien zu.
Besonders kleine Einrichtungen und Kulturvereine im ländlichen Raum seien von Kürzungen betroffen, die mit diesem Argument begründet werden. Lütje forderte, die Bedeutung der Kultur besser zu kommunizieren. Vereine könnten beispielsweise gezielter den Dialog mit den Lokalpolitiker*innen vor Ort suchen. Während Verbände auf Landesebene darauf hinwirken, die Stellung der Kultur als Bestandteil der Daseinsvorsorge zu festigen.
Kooperation und Sichtbarkeit
Mehrfach betonten Redner*innen, wie wichtig es sei, Kultur sichtbarer zu machen und ressortübergreifende Allianzen zu schmieden. Projekte wie Tanz Nord, eine Kooperation zwischen Bund, Ländern und Kommunen, wurden als erfolgreiche Beispiele genannt, wie kulturelle Strukturen langfristig gefestigt werden können.
Janina Benduski brachte die Berliner Perspektive ein und betonte, wie wichtig es sei, Kulturpolitik nicht nur auf Kürzungsdebatten zu reduzieren, sondern langfristige Visionen zu entwickeln. Sie plädierte auch für eine stärkere Einbindung der Öffentlichkeit und hob hervor, dass die finanzielle Unterstützung von Kulturprojekten nicht nur eine Frage des Geldes, sondern auch der Haltung sei.
Klares Signal
Die konstruktive Diskussion zeigte, wie groß die Bereitschaft zur lösungsorientierten Zusammenarbeit und zum Dialog zwischen Kulturpolitik und Kulturszene in Schleswig-Holstein ist. Innovative Beispiele wie aus Stormarn oder „Tanz Nord“ machen Mut, während die Kritik an Kürzungen und die Forderung nach ressort- und ebenenübergreifender Zusammenarbeit ein klares Signal an die Politik senden.
Transparenzhinweis: Kristof Warda ist ehrenamtlich stellvertretender Vorsitzender des Landeskulturverbandes, der die Veranstaltung organisiert hatte.