Ortsbilder: Nordstrand und viermal Kunst

Teilen

Dieses Mal „spazieren“ wir über die Halbinsel Nordstrand und richten den Blick gezielt auf Kunst, die uns hier im öffentlichen Raum begegnet.

Erstens: „Sieben Flaggen für Nordstrand“ von Tom Müllers

Auf Nordstrand angekommen, werden wir von „Sieben Flaggen“ begrüßt, die eben nicht im Wind wehen. Der Rendsburger Künstler Tom Müllers hat die Skulpturengruppe aus Gestein gehauen und an Mästen aus Lärchenholz befestigt, die etwa fünf Meter in die Höhe ragen. Jede Flagge zeigt eine andere Windrichtung an.

Sieben Flaggen stehen im Wind.

Symbolisieren sollen sie die sieben Köge von Nordstrand. „Wie die Bewohner Nordstrands trotzen die Flaggen Wind und Wellen“, so steht es in einer Publikation des Nordstrander Heimatvereins. Die gewaltige zweite „Grote Mandränke“ (Burchardiflut) von 1634 zerstörte die einstige Insel Strand und riss sie in Stücke. Erst zwanzig Jahre später gelang die Bedeichung des Alten Koogs. Die Landgewinnung und Eindeichung der heutigen sieben Köge erstreckte sich über Jahrhunderte und dauerte bis 1925 an. Dann war auch der jüngste Koog (Pohnshalligkoog) fertiggestellt, auf dem seit 2007 Müllers´ Kunstwerk steht.

Tom Müllers studierte Bildhauerei in Flensburg und lehrte an der Werkkunstschule in Lübeck. Seit 1996 betreibt er eine Galerie in Rendsburg.

„Die Skulptur ist Teil des Projekts Kunstband am Nationalpark“, steht außerdem auf der Tafel zu Werk und Künstler geschrieben. Mehr als die Erwähnung findet sich darauf nicht, also bleibt `das Projekt´ zunächst inhaltslos. Es folgt die Recherche. Einer Broschüre lässt sich entnehmen: „Sieben Flaggen für Nordstrand“ ist eins von ursprünglich 21 Kunstwerken des Land Art-Projekts Kunstband am Nationalpark:

Von List auf Sylt, an der nordfriesischen Küstenlinie entlang, auch mal über Inseln oder Halligen, weiter über die Landschaft Eiderstedt bis nach Dithmarschen, zieht sich das `Kunstband´ bis zum südlichsten Standort in Friedrichskoog.

Und, siehe da: Auf Nordstrand sind gleich drei der zugehörigen Kunstwerke verortet. Mit dieser Information geht´s weiter, quer über die Insel in Richtung Norderhafen. Hier, an der Fassade des Kurzentrums, findet sich nochmal Kunst.

Zweitens: „Together Apart“ von Barbara Lorenz Höfer

„Together Apart“ wurde 2001 zunächst in Strucklahnungshörn (Nordstrand) aufgestellt. Seit 2002 hängt es an der Fassade des Kurzentrums am Norderhafen im „Alten Koog“. Es ist ein Werk der Buxtehuder Künstlerin Barbara Lorenz Höfer und ebenfalls Teil des `Kunstbands´.

Zwei auseinandergeschlagene, hölzerne Bootshälften werden von Messingspießen zusammengehalten. Der Materialmix spielt mit dem Gegensatz von Natur und Technik. Der einstige Rotton der Bootshälften wurde weitgehend von der Witterung ausgewaschen. Informationen zum Werk sucht man vor Ort allerdings vergebens.

Spaziert man ein kleines Stück weiter an der Deichlinie entlang, findet sich auch schon das dritte Nordstrander Kunstwerk aus der Reihe Kunstband am Nationalpark:

Drittens: „Gezeitenwelle“ von Martin Wolke

Auf der „Gezeitenwelle“ im Kurpark am Norderhafen kann man seit 2004 Platz nehmen.

„In sich gedreht, zeigt sie [die Gezeitenwelle] dem Betrachter blaue, windgekräuselte Wellen oder den gerippelten Watt-Boden mit den Spuren eiliger Watvögel[…]. Beide Seiten sind wie ein Möbiusband verschlungen; wie bei dieser geometrischen Figur gibt es keine Ober- und Unterseite, keinen Anfang und kein Ende, nur den ewigen Wechsel von Ebbe und Flut“, lautet die Beschreibung in der Broschüre zum Land Art-Projekt.

Martin Wolkes „Gezeitenwelle“ findet sich ziemlich genau zwischen der Touristinformation im Kurhaus und Kolles Fisch-Bistro, auf der kleinen Parkfläche neben dem Spielplatz mit dem großen Bodenschachspiel am Norderhafen. Die Kunststoff-Skulptur darf ausdrücklich bespielt und besetzt werden.

Interessanterweise ist das Kunstwerk auf dem Info-Schild der Gemeinde auch als „Bank“ betitelt und mit ihrem Herstellungsdatum versehen: „Diese Bank wurde anlässlich der Anerkennung der Gemeinde Nordstrand, am 30. Juni 2003, von dem Künstler Martin Wolke, Kiel, hergestellt. Die Bank trägt den Namen `Gezeitenwelle´“. Ein Hinweis auf das Kunstband am Nationalpark fehlt und auch hier wird wieder nichts weiter verraten, geschweige denn vermittelt.

Und wieder folgt Recherche: Martin Wolke (*1971) studierte Bildhauerei bei Jan Koblasa an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel, lehrte später auch dort und an der Christian-Albrechts-Universität.

Aufsehen erregt er unter anderem mit der Skulpturengruppe „Reisende Riesen im Wind“ (2001) auf dem Sylter Bahnhofsvorplatz, oder zuletzt auch mit dem „Muschelläufer“, der seit 2023 nicht mehr in der Stadt Ahrensburg steht und in einem Beitrag des Schleswig-Holstein Magazins „eines der umstrittensten Kunstwerke“ des Landes genannt wird. In der reparierten und überarbeiteten 2.0-Version fand der „Muschelläufer“ ein neues Zuhause und zog für den Skulpturensommer 2023 nach Bissee um (Kreis Rendsburg Eckernförde).

Kleiner Exkurs: Bahnhofsreisende auf Westerland werden von Martin Wolkes „Reisenden Riesen im Wind“ empfangen – so auch Esther Geißlinger als sie für ihre Ortsbilder: Mit den Ärzten (im Ohr) unterwegs in der Gemeinde Sylt war.

Weiter geht´s den Deich entlang, am Osterkoog und Elisabeth-Sophien-Koog vorbei bis zur nächsten Station an der Schleusenanlage Holmer Siel im Beltringharder Koog. Der Beltringharder Koog ist gewissermaßen der achte Koog, aber „kein verwaltungsmäßiger Teil der Halbinsel Nordstrand“. Er wurde 1987 im Rahmen der Eindeichung zusammen mit der Entwässerungsschleuse fertiggestellt. Hier findet sich ein viertes Mal Kunst.

Viertens: „Fünf Wassersteine“ von Ulrich Lindow

Zum Kunstband am Nationalpark gehört dieses Werk nicht. Es stammt vom Schobüller Künstler Ulrich Lindow. Auch er studierte Bildhauerei an der Muthesius Kunsthochschule bei Jan Koblasa und unterrichtete später selbst an der Kieler Kunsthochschule (wie Martin Wolke). Seine „Fünf Wassersteine“ aus Anröchter Dolomit wiegen 50 Tonnen schwer und sind an höchster Stelle viereinhalb Meter hoch. Das Werk „kann gedeutet werden wie eine Deichlinie oder wie eine übermächtige Welle“ und auch dieses Werk „steht […] als Symbol für den Kampf des Menschen gegen die Naturgewalten. Das Land wurde dem Meer abgerungen und wird vielleicht eines Tages vom Meer zurückgeholt“, so steht es im „Entdeckertour“-Heft des Nordstrander Heimatvereins, das erfreulicherweise alle vier Kunstwerke in seine Entdeckerrundtouren aufgenommen hat.

Der Blick auf viermal Kunst…

Viermal Kunst im öffentlichen Raum ließ mich meine kleine persönliche Nordstrand-Kunst-Tour entdecken, die ich mir dank des kleinen, hilfreichen Heftchens zusammenstellen konnte. Es hat sich gelohnt, aber die Tour endet mit einer Mischung aus spannenden Eindrücken und zu vielen Fragen.

Schade, dass die Informationen zur Kunst an Ort und Stelle so karg ausfallen. Selbst wenn das Natur-Kunst-Projekt Kunstband am Nationalpark offenbar „Natur Natur sein lassen“ und „Kunst Kunst sein lassen“ wollte, braucht es ein wenig Vermittlung, damit Wissen fließt, Kontext entsteht und daraus Lust auf mehr entsprießt.

Um diese „Lücken“ und die „Lust“ kümmern wir uns in einer der nächsten Ausgaben. Wir arbeiten an einem Hintergrund-Bericht zum Kunstband am Nationalpark und freuen uns über Hinweise und Informationen dazu. Sie wissen was? Dann schreiben Sie uns gerne: info[at]kulturkanal.sh

Hier geht´s zur Broschüre Kunstband am Nationalpark, erschienen 10/2011 und herausgegeben vom Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein (LKN-SH), Nationalparkverwaltung, Tönning.

Unterstützen Sie kulturkanal.sh
– für eine lebendige Kulturszene

Vielen Dank, dass Sie kulturkanal.sh nutzen. Unser Online-Feuilleton für Schleswig-Holstein bringt Ihnen spannende Inhalte und aktuelle Berichte über das vielfältige kulturelle Leben in unserer Region.

Um weiterhin unabhängige und hochwertige Inhalte anbieten zu können, brauchen wir Ihre Unterstützung.

Mit einer freiwilligen Zahlung helfen Sie uns, durch unsere Berichterstattung die Kultur vor Ort zu fördern.

Jeder Beitrag zählt – machen Sie mit und stärken Sie die regionale Kultur!

Themen

Teilen

Das könnte Sie auch interessieren

Meistgelesen

Neueste Artikel

Datenschutz
Kulturkanal.sh GbR, Inhaber: Birthe Dierks, Esther Geißlinger, Pauline Reinhardt, Bernhard Martin Schweiger, Gerd-Richard Warda, Kristof Michael Warda (Firmensitz: Deutschland), würde gerne mit externen Diensten personenbezogene Daten verarbeiten. Dies ist für die Nutzung der Website nicht notwendig, ermöglicht aber eine noch engere Interaktion mit Ihnen. Falls gewünscht, treffen Sie bitte eine Auswahl:
Datenschutz
Kulturkanal.sh GbR, Inhaber: Birthe Dierks, Esther Geißlinger, Pauline Reinhardt, Bernhard Martin Schweiger, Gerd-Richard Warda, Kristof Michael Warda (Firmensitz: Deutschland), würde gerne mit externen Diensten personenbezogene Daten verarbeiten. Dies ist für die Nutzung der Website nicht notwendig, ermöglicht aber eine noch engere Interaktion mit Ihnen. Falls gewünscht, treffen Sie bitte eine Auswahl: