Sylta: Die Walfängerwitwe, die weint

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Noch bis zum 28. April ist ein ganz besonderes Projekt der US-amerikanischen Künstlerin Heather Sheehan im Sylt Museum in Keitum zu sehen: die zweisprachige Sonderausstellung „Sylta, die Walfängerwitwe, die weint. The whaling widow who wails“. In der düsteren Geschichte von Sylta treffen Performance und Analogfotografie auf Erzählung und Stickerei.

Syltas Ehemann ist Walfänger. Er stirbt auf See – für seine schwangere Frau Sylta bricht die Welt zusammen. Die Walfängerwitwe, sie kann nicht aufhören zu weinen.

Heather Sheehan hat sich für das Projekt in die Räume des Altfriesischen Hauses, das zu den Sölring Museen gehört, zurückgezogen. Dort hat sie sich in diese selbstgeschriebene Rolle begeben. Analog und mit Selbstauslöser dokumentiert sie in 40 Schwarz-Weiß-Selbstporträts Und Stillleben die Geschichte von Sylta. Der Katalog enthält diese Fotografien gemeinsam mit der Geschichte „Ich bin Sylta begegnet“.

Heather Sheehan hat sich ihre eigene Tracht aus einem Polyesterstoff genäht – kein traditionell friesisches Kleidungsstück, genauso wenig wie Sylta ein traditioneller friesischer Name ist. Das hier ist keine historische Ausstellung.

Der Walschädel taucht immer wieder auf. Heather Sheehan stickt ihn auf Syltas Kleidungsstücke und stellt auch ein originales Exemplar aus. Er erinnert uns an den Mann, der auf See verloren ging, seine Form stellt aber auch den Uterus dar, in dem Syltas ungeborenes Kind liegt.

Wie sich die kinderlose Heather Sheehan in diese Rolle hineinbegeben hat, ist auch Teil der Ausstellung. Heather Sheehan  erzählt uns von den Vorbereitungen für die Performance, die Verwandlung in die Figur: „Syltas Trauer fährt mir in Schultern und Nacken, spannt mir den Kiefer und beißt ins Holz, mit unermesslichem Herzeleid. Sie fährt mir in den Schoß und trifft einen Nerv in meinem Rückgrat mit solcher Wucht, dass ich entscheide, mich hinzugeben.“

Die Ausstellung erstreckt sich nicht nur über die Räume im Sylt Museum. Auch im Altfriesischen Haus, in dem Heather Sheehan ihre Fotografien aufgenommen hat, finden sich Spuren von ihrer Arbeit. Hier: ein Apfel und das Oberteil von Syltas Tracht.

Wie ein Geist lässt uns die Geschichte der Walfängerwitwe nicht los. Sie nimmt uns mit und beschäftigt uns noch lange weiter: Wie verträgt sich die männerlose Gesellschaft auf den Inseln mit der Rückkehr der Patriarchen, wenn diese im Winter nicht auf Schiffen unterwegs sind? Wer versorgt die Familien von Menschen, die auf See ums Leben kommen – auch heute noch? Wie wächst ein Kind ohne Vater auf?

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