Menschen im Kulturbetrieb: Straßenkünstler Frank Tedsen

Teilen

Die Musik setzt ein, als Sir John Little die Arme hebt. Seine Hände bewegen sich leicht über der Tastatur seiner Orgel, die in der Rendsburger Fußgängerzone steht. Die Einkaufsstraße ist belebt an diesem Tag, aber nur wenige Köpfe drehen sich zu dem kleinen Orgelspieler und dem Mann, der hinter ihm steht und die Fäden der Marionette führt. Frank Tedsen heißt der Straßenkünstler, der seit vielen Jahren in Rendsburg und anderen Orten der Region auftritt.

Sir John Little heißt Frank Tedsens kleiner Begleiter. Foto: Geißlinger


Tedsen ist groß und schlank, er ragt weit über John Little und seine Orgel hinaus. Der Mann im roten Samtjackett und seine kleine Puppe sind ein durchaus auffallendes Gespann, dennoch eilen die meisten Passant:innen vorbei. Viele schauen mehr auf das Smartphone-Display als auf den Puppenspieler mit seiner kleinen Musikanlage. Nur hin und wieder tritt jemand auf ihn zu und wirft eine Münze auf den kleinen Teller, der auf John Littles Orgel steht.

Seit seiner Jugend tritt Tedsen auf

Das Publikum habe sich verändert im Lauf der Zeit, berichtet Tedsen. Der 52-Jährige, der in Heide geboren wurde, tritt seit seiner Jugend auf der Straße auf. Obwohl er eigentlich schüchtern sei, habe er bereits als Kind auf dem Schulhof gesungen, berichtet er. 1990, mit 18 Jahren, baute er sich die erste kleine Orgel und die erste Puppe aus Sperrmüll und Fundstücken. Damit machte er sich auf den Weg, trampte durch Deutschland, übernachtete, wo es sich ergab, und trat auf, wo es ihm gefiel.„Das war eine schöne Zeit“, erinnert er sich.

Seine Kindheit war nicht immer so schön: Seine Mutter war krank, seine Großmutter zog ihn auf, sie sei oft hart gewesen, berichtet er. In der Lehre hatte er Probleme. Später wurde eine psychische Krankheit bei ihm festgestellt. Frank Tedsen geht offen damit um: „Ich bin stolz darauf, dass ich trotz meiner Krankheit auftreten und mein Leben führen kann.“

Viele gehen achtlos vorbei: Das Publikum hat sich verändert im Lauf der Zeit, stellt Tedsen fest. Foto: Geißlinger

Der Straßenkünstler ist bekannt in der Stadt

Als Straßenkünstler kommt es vor allem darauf an, mit dem Publikum in Kontakt zu treten. Die Straßenkunst sei „die schwerste Kunstform“, heißt es auf der Homepage der Künstlervermittlung Berlin, die Veranstaltungen organisiert und Kunstschaffende vermittelt. „Ich bin empfindsam, feinfühlig“, sagt Tedsen über sich selbst. „Ich merke es den Leuten an, wie es ihnen geht.“ Da er schon so lange in der Rendsburger Fußgängerzone auftritt, ist er eine bekannte Figur. Auch wenn viele an ihm vorbeigehen, gibt es Menschen, die regelmäßig bei ihm stehen bleiben. Einige würden ihn beschimpfen, „aber das ignoriere ich“.

Viele unterhalten sich mit ihm und spenden ihm auch regelmäßig Geld. Leben muss er von seinen Auftritten aber nicht: Da er wegen der Krankheit nur eingeschränkt arbeitsfähig ist, erhält er Unterstützung vom Sozialamt.

Bitte nicht stören: Viele Städte geben Regeln vor

Damit er mit der Musik, die aus dem Lautsprecher kommt, nicht als störend wahrgenommen wird , bleibt er an jedem Standort nur eine Weile, dann baut er Orgel und Puppe ein Stück weiter entfernt neu auf. Der Umzug dauert nicht lange: Puppe und Orgel passen in ein Köfferchen.

Selbst gebaut: Frank Tedsen mit der Kurbel seiner Mini-Orgel. Foto: Geißlinger


Nicht zu lange an einer Stelle bleiben, ist eine der Auflagen, die in fast allen Städten für Straßenkünstler:innen gelten: „Straßenmusik ist für jede Fußgängerzone eine erfreuliche und belebende Sache“, heißt es in einer Information der Stadt Kiel für Kunstschaffende im öffentlichen Raum. „Jedoch nur so lange, wie genügend Pausen gemacht werden beziehungsweise der Standort des öfteren am Tage gewechselt wird.“ Denn schließlich gebe es viele Menschen, die in der Fußgängerzone arbeiten oder über den Ladengeschäften wohnen.

Wenn er in anderen Städten unterwegs sei, habe er sich auch immer im jeweiligen Rathaus gemeldet, sagt Tedsen. Lange Wandertouren hat er allerdings schon eine Weile nicht mehr gemacht: Tedsen bleibt meist in Rendsburg, auch weil er zurzeit seine Mutter pflegt. Eines Tages aber kann er sich vorstellen, wieder auf die Reise zu gehen. Und er träumt von einer neuen Puppe, die John Little ablösen könnte. Ein Roboter soll es sein, am besten ferngesteuert. „Und mit dem gehe ich wieder auf Tournee“, sagt Frank Tedsen.

Unterstützen Sie kulturkanal.sh
– für eine lebendige Kulturszene

Vielen Dank, dass Sie kulturkanal.sh nutzen. Unser Online-Feuilleton für Schleswig-Holstein bringt Ihnen spannende Inhalte und aktuelle Berichte über das vielfältige kulturelle Leben in unserer Region.

Um weiterhin unabhängige und hochwertige Inhalte anbieten zu können, brauchen wir Ihre Unterstützung.

Mit einer freiwilligen Zahlung helfen Sie uns, durch unsere Berichterstattung die Kultur vor Ort zu fördern.

Jeder Beitrag zählt – machen Sie mit und stärken Sie die regionale Kultur!

Themen

Teilen

Das könnte Sie auch interessieren

Meistgelesen

Neueste Artikel

Datenschutz
Kulturkanal.sh GbR, Inhaber: Birthe Dierks, Esther Geißlinger, Pauline Reinhardt, Bernhard Martin Schweiger, Gerd-Richard Warda, Kristof Michael Warda (Firmensitz: Deutschland), würde gerne mit externen Diensten personenbezogene Daten verarbeiten. Dies ist für die Nutzung der Website nicht notwendig, ermöglicht aber eine noch engere Interaktion mit Ihnen. Falls gewünscht, treffen Sie bitte eine Auswahl:
Datenschutz
Kulturkanal.sh GbR, Inhaber: Birthe Dierks, Esther Geißlinger, Pauline Reinhardt, Bernhard Martin Schweiger, Gerd-Richard Warda, Kristof Michael Warda (Firmensitz: Deutschland), würde gerne mit externen Diensten personenbezogene Daten verarbeiten. Dies ist für die Nutzung der Website nicht notwendig, ermöglicht aber eine noch engere Interaktion mit Ihnen. Falls gewünscht, treffen Sie bitte eine Auswahl: