Jüdische Friedhöfe sichtbar machen

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„Bet Olam“, Haus der Ewigkeit, heißen Friedhöfe auf hebräisch. Während der NS-Zeit wurden viele der jüdischen Begräbnisstätten geschändet und oft bis fast zu Unsichtbarkeit zerstört. In Schleswig-Holstein startet nun ein Projekt, das die historischen Stätten wieder in die Öffentlichkeit rückt. Dazu arbeitet das Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte an der Universität Duisburg-Essen mit dem Landesamt für Denkmalpflege, den jüdischen Gemeinden und Landesverbänden sowie den Kommunen mit jüdischem Friedhof zusammen. Unter dem Titel „Steinerne Zeugen“ erhalten alle Friedhöfe im Land Informationstafeln.

Info-Tafeln informieren über die Friedhofskultur

„In kleinen Gemeinden sind die Friedhöfe oft die einzig sichtbare Erinnerung an die jüdische Geschichte des Ortes“, sagt Helge-Fabien Hertz, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Steinheim-Institut und Lehrbeauftragter an der Universität Kiel. Rund 20 Studierende der Kieler Uni nehmen am Seminar „Steinerne Zeugen“ teil und erarbeiten die wissenschaftlichen Inhalte für die Info-Tafeln. Ab Frühjahr 2025 stehen sie dann auf allen jüdischen Friedhöfen im Land.

Philip Seifert (Mitte) begrüßt die Studierenden des Seminars „Steinerne Zeugen“ im Landesamt für Denkmalpflege. Foto: Tauber

„Damit sendet Schleswig-Holstein ein starkes Signal für die Sichtbarkeit jüdischen Lebens und gegen Antisemitismus“, erklärt Philip Seifert, Leiter des Landesamtes für Denkmalpflege. Rund 2.000 jüdische Friedhöfe gibt es bundesweit, in Schleswig-Holstein sind es nur 21 Begräbnisstätten, verteilt auf 13 Städte oder kleinere Gemeinden. Sie zeugen von der „langen und vielfältigen jüdischen Geschichte im nördlichsten Bundesland“, heißt es in der Pressemitteilung des Landesamtes.

Älteste Grabstätten aus dem 17. Jahrhundert

Einer der ältesten Friedhöfe entstand 1695 in Westerrönfeld bei Rendsburg – die damalige dänische Festungsstadt bot nicht genug Platz dafür. Auf einigen historischen Friedhöfen wie dem in Kropp sind nur wenige Gräber erhalten. Andere sind voll belegt wie der Jüdische Friedhof Moisling in Lübeck, der ebenfalls aus dem 17. Jahrhundert stammt, denn als „Häuser der Ewigkeit“ werden jüdische Gräber nicht wieder geräumt. Die erste Neugründung eines jüdischen Friedhofs nach der NS-Zeit fand 1945 in Neustadt in Holstein statt. 2012 gründeten die orthodoxe und die liberale jüdische Gemeinde in Kiel jeweils einen eigenen Friedhof – es sind die jüngsten in Schleswig-Holstein.

Viktoria Ladyshenski, Helge-Fabien Hertz und Margita Meyer (v.l.) auf dem jüdischen Friedhof in Kiel. Foto: Tauber

Beim Auftakttermin für das Projekt „Steinerne Zeugen“ auf dem Alten Jüdischen Friedhof in Kiel sagte Viktoria Ladyshenski, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinschaft Schleswig-Holstein: „Das Projekt unterstützt die Vermittlung von Wissen über die jüdische Kultur in Schleswig-Holstein. Gerade in der heutigen Zeit ist es wichtig, dass jüdisches Leben in unserem Bundesland auch auf diese Weise sichtbarer wird.“

Tafeln liefern Hintergrund-Informationen

Die neuen Tafeln sollen über die Bedeutung der Friedhöfe und ihre Geschichte informieren. Zudem erläutern sie die Besuchsregeln eines jüdischen Friedhofs. Ein QR-Code liefert vertiefende Informationen zur jüdischen Bestattungskultur oder zur Geschichte derjeweiligen Gemeinden.

Da jüdische Friedhöfe oft Ziel von Vandalismus seien, habe man sich für widerstandsfähige Schilder entschieden, sagt Hertz, der das bundesweite Projekt „Net Olam“ leitet, bei dem es um Schändungen jüdischer Friedhöfe in Deutschland seit 1945 geht. Aus Sicht des Landesamtes für Denkmalpflege sei es sinnvoll, jüdische Einrichtungen stärker zu schützen und denkmalgeschützte Areale einzuzäunen. Die Kommunen und die Diakonie Kropp finanzieren die Info-Tafeln. Weitere Zuschüsse stammen von der Sparkassenstiftung und dem Landesbeauftragten für politische Bildung.

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