Rund 50 Gäste feierten Mitte Oktober die Grundsteinlegung des neuen Kulturhauses in Schleswig. „Ein großer Moment, ein sichtbares Zeichen, dass es nun losgeht“, sagt Schleswigs Bürgermeister Stephan Dose (SPD) in einem Imagefilm der Stadt. Er sei erleichtert, schließlich habe es in den Wochen davor noch eine „wirklich kritische Diskussion“ um das Projekt gegeben. Grund für die Unruhe waren die deutlich gestiegenen Kosten.
Ratsmitglieder fühlten sich schlecht informiert
Auf dem ehemaligen Kasernengelände „Auf der Freiheit“ entsteht durch An- und Umbauten aus einem bestehenden Gebäude ein Multifunktionsgebäude, das sowohl dem Landestheater mit allen seinen Sparten Platz bietet, als auch für Vereinsfeiern oder Kleinkunst genutzt werden kann.

Geplant waren dafür ursprünglich 27 Millionen Euro, von denen die Stadt 18 Millionen als Förder- und Drittmittel einwerben konnte. Nun steht aber eine Gesamtsumme von rund 34 Millionen Euro im Raum. Geärgert hatten sich Ratsmitglieder darüber, dass die Verwaltung die neue Kostenberechnung eher beiläufig in einer Ausschusssitzung mitgeteilt hatte.
Babette Tewes, Vorsitzende der Grünen Ratsfraktion, gehört zu den Kritiker:innen. „Ich habe den Bau selbst mit angeschoben und mich immer für das Kulturhaus eingesetzt, aber ich glaube, dass man auf die Kosten schauen muss“, sagte sie auf Nachfrage von kulturkanal.sh. Daher hatten die Grünen eine erneute Beratung im Stadtrat beantragt.
„Ich habe mich immer für das Kulturhaus eingesetzt, aber ich glaube, dass man auf die Kosten schauen muss.“
In der Ratsversammlung sprach sich am Ende eine Mehrheit für den Antrag der SPD-Fraktion aus, die Kosten mitzutragen und der Stadtverwaltung auch freie Hand für weitere Steigerungen zu geben.
„Das Kulturhaus kommt“, verkündete der SPD-Ratsherr Henrik Vogt nach der Abstimmung in einem Video auf Facebook. Für die SPD habe nicht zur Diskussion gestanden, „15 Millionen Euro auszugeben und danach nichts zu haben“. Das Haus werde Strahlkraft entwickeln und einen Mehrwert für die gesamte Region entwickeln.
Kritiker:innen wollen keinen „Blankoscheck“
Darauf hoffen auch die Kritiker:innen. Aber Babette Tewes will Verwaltung und Architekt dennoch keinen „Blankoscheck“ für weitere Ausgaben erteilen. „Ja, Bauen im öffentlichen Bereich ist schwierig, es gilt Regeln einzuhalten und es gibt immer unvorhergesehene Ausgaben“, sagt die Ratsherrin. „Aber kein Bauherr kann endlos Geld ausgeben. Wenn es an der einen Stelle teurer wird, muss man versuchen, anderswo zu sparen, und zwar innerhalb des Projektes.“

Widerspruch kommt von Julia Pfannkuch, als Fachbereichsleiterin für Bildung, Kultur und Ordnung der Stadt zuständig für das Kulturhaus. Dass große Bauprojekte teurer würden als geplant, liege allein wegen der langen Bauzeit „in der Natur der Sache“, sagte sie im Gespräch mit kulturkanal.sh. Die Planung sei vor dem russischen Überfall auf die Ukraine und den folgenden Kostensteigerungen erfolgt. Auch die Freigabe von bisher noch unbekannten Kostensteigerungen sei ein übliches Vorgehen: „Sonst würden die Fördermittel-Geber das Projekt als nicht ausfinanziert einstufen.“
Sogar ein Bürgerbegehren steht im Raum
Es geht um Detail-Fragen. Ein Beispiel: In das Kulturhaus Schleswig soll eine Gastronomie einziehen, dafür braucht es einen „veredelten Rohbau“, so nennt es Pfannkuch. Doch was ist darunter zu verstehen? Tewes befürchtet, dass die Einbauten überdimensioniert sind, weil die Verwaltung für ein Restaurant plane statt für den Verkauf von Getränken und kleinen Snacks, wie es für die meisten Theater üblich sei. „Finden wir einen Pächter für ein Restaurant dort, und macht das nicht dem in der Nähe geplanten Hotel Konkurrenz?“, fragt Tewes.
Der Ratsherr Uwe Schröder (parteilos) stellt angesichts der Kosten das gesamte Projekt infrage: „Meines Erachtens wird die Handlungsfähigkeit für die Interessen von Schleswiger:inen auf Jahrzehnte hinaus begraben“, sagte er im Stadtrat. Ein Theatergebäude gehöre zwar zur Daseinsvorsorge, doch inzwischen seien so viele Wünsche eingeflossen, dass die Kosten zu sehr gestiegen seien. Er kritisiert auch die Folgekosten von jährlich rund 1,2 Millionen Euro, die Schleswig als Gesellschafterin der Landestheater GmbH zu zahlen habe. Hier werde „auf Kosten von Schleswigs Zukunft sehr viel für eine sehr kleine und elitäre Gruppe“ investiert. Schröder setzt sich für ein Bürgerbegehren ein, das sich grundsätzlich mit dem Ja oder Nein zum Kulturhaus befasst.
Ob es dazu kommt, bezweifelt Julia Pfannkuch. Denn gegen Bauprojekte kann nach den Richtlinien für Bürgerbegehren nur in einer frühen Planungsphase abgestimmt werden, diese Frist ist aber lange vorüber. Zudem weist sie auf die Folgen hin, sollte Schleswig dem Landestheater keine neue feste Spielstätte zur Verfügung stellen: „Wir müssten nicht nur große Beträge nachzahlen, der Imageschaden wäre außerdem gewaltig.“