„Es gibt keine Hobbykünstler, es gibt nur Spätberufene“, sagt Maria-Isabel Brandis vom Förderverein Bildende Kunst Ostholstein. Die Mitglieder wollen ihre Kunst zu den Menschen bringen – denn die kennt kein Alter. Sina Worm stellt den Förderverein vor.
Brandis malt, arbeitet mit Betonskulpturen und betreibt Bildhauerei. Die 59-Jährige ist seit 2006 freischaffende Künstlerin. „Die Kunst hat mich mein Leben lang begleitet, und wenn ich nicht male, dann kümmere ich mich um den Verein.“ Sie ist 2007 eingetreten und seit drei Jahren Vorstandsvorsitzende. Sie wolle sich selbst nicht in den Vordergrund rücken, sagt sie, sondern verweist auf die knapp 140 Mitglieder, die der Verein inzwischen zählt. Einst hatten sich 22 Künstler zusammengetan und mit Dr. Rolf Olderog 1991 den Verein gegründet. Olderog war Jurist und Politiker. Er saß im Bundestag und ist kürzlich verstorben. Es habe damals keine Infrastruktur für Kunstschaffende gegeben, erzählt Brandis. „Es ist wichtig, dass man in die Maschinerie kommt, gefördert wird und sich traut, mit anderen oder allein auszustellen.“ Der Verein ist in ganz Ostholstein aktiv, von Stockelsdorf bei Lübeck bis hoch nach Fehmarn.
Die Mitglieder treffen sich einmal im Monat, um sich auszutauschen und gemeinsame Projekte zu besprechen. Gerade steht die Jahresplanung für 2025 an. Das Wichtigste ist immer die regelmäßige Ausstellung im Kreishaus in Eutin. Alle zwei Jahre wird dafür ein Thema vorgeben. Die Themen, zu denen zuletzt gearbeitet wurde, waren 2019 „Bewegung“, 2021 „Grenzen“ und 2023 „Übergänge“. „Wir fahren außerdem jedes Jahr zur NordArt nach Büdelsdorf“, sagt Brandis. Das ist eine der größten jährlichen Ausstellungen zeitgenössischer Kunst in Europa. „Wir kommen immer für einen Ausstellungsbesuch mit Führung.“
„Die Corona-Jahre waren gruselig“, erzählt sie. Und nach wie vor sei es schwierig, sich einen Namen zu machen. Sie habe immer von ihrer Kunst leben können, aber das gelinge den wenigsten. Und trotzdem: Bei vielen sei Kreativität latent da. „Dieses Bedürfnis, etwas zu schaffen, das entflammt irgendwann, wird eine Leidenschaft und kommt dann raus.“ Die Vereinsmitglieder präsentieren ein breites Portfolio. „Wir geben allen interessierten Künstlern der Region eine Plattform, sich an unseren Aktivitäten zu beteiligen, vor allem auch Jugendlichen.“ Zum Verein gehören u. a. Maler, Fotografen, Bildhauer, Zeichner und Grafik-Designer. Einige bieten auch Workshops an. Man unterstütze sich gegenseitig, beispielsweise bei Verkaufsstrategien und im Umgang mit Social Media.
„Kunst muss immer anregen, so dass man wachgerüttelt wird“, sagt Brandis. Einer, der den Finger gern die Wunde legt, ist Roland Willaert. Der 74-Jährige gehört seit etwa 15 Jahren zum Verein.
„Zufrieden bin ich, wenn Menschen sich an meiner Kunst reiben – sei es positiv oder negativ. Dann habe ich mein Ziel erreicht, und das Publikum wird Teil des Kunstwerks.“
Roland Willaert
Willaert hat seit seinem Abschluss an der Filmhochschule in Brüssel 1973 ununterbrochen in der Film- und Fernsehbranche gearbeitet – als Kameramann, Regisseur, Produzent, Autor, Berater und Dozent. Seit 2011 ist er als Künstler tätig. „Meine Motivation dabei ist, Menschen in ihrem Umfeld zu betrachten und passende Geschichten zu erzählen. Manches ist nur bunt und fröhlich, vieles aber auch sozialkritisch, politisch und bewusst provokant.“

Exemplarisch dafür steht seine Arbeit „Die Bewegung“ aus dem Jahr 2019. Willaert hat 16 kleine Hitlerfiguren aus Plastik auf einem Brett platziert. Er lässt sie alle winken – wie die bekannte „Winkekatze“. „Im Gegensatz zu den Idealen, die ich als Alt-68er hatte und habe, rutscht die Welt immer weiter nach rechts, und kleine und große neue „Hitlers“ entstehen.“ „Die Bewegung“ könne der Name sein von einem Sammelbecken, einer Gruppierung neuer rechter Provokateure der Welt. Die Installation habe seinerzeit Aufsehen erregt. „Angesichts einer Weltpolitik, die zunehmend antidemokratisch und faschistoid erscheint, kann ich nur laut schreien“, so Willaert.
Der Verein ist über die Homepage www.bildendekunst-oh.de zu erreichen. Dort wird auf Veranstaltungen hingewiesen und zu den einzelnen Mitgliedern verlinkt. Aktuell zeigt der Verein noch bis zum 28. November 2024 im Hans-Ralfs-Haus in Neustadt Arbeiten unter dem Motto „Friedrich und ich“. Die Ausstellung ist Caspar David Friedrich gewidmet, der vor 250 Jahren geboren wurde. Die Vereinsmitglieder waren aufgerufen, zu seinen Werken einen eigenen Bezug herzustellen und sich so mit seinem Leben und seinem Schaffen auseinanderzusetzen.