Mitten im Sachsenwald, unweit von Hamburg, liegt das Bismarck-Museum. Als erster Reichskanzler des Deutschen Kaiserreiches prägte Otto von Bismarck die deutsche Geschichte des 19. Jahrhunderts entscheidend. Das Museum widmet sich dem Leben und politischen Wirken des Staatmannes.
Die Dauerausstellung des Museums umfasst mehrere hundert Exponate, darunter Bismarcks Fechtausrüstung aus seiner Göttinger Studentenzeit, sein Fürstendiplom sowie der Stuhl, auf dem er 1870 Kaiser Napoleon III. nach der Schlacht von Sedan empfing. Ein besonderes Highlight ist das großformatige Gemälde „Die Proklamierung des deutschen Kaiserreiches (18. Januar 1871)“ von Anton von Werner – ein Geschenk der kaiserlichen Familie zu Bismarcks 70. Geburtstag. Auch Bismarcks originalgetreu nachgestelltes Arbeitszimmer ist Teil der Präsentation. Eines der kuriosesten Exponate: ein Zigarrenetui mit sentimentalem Inhalt.

Darin bewahrte Bismarck Andenken an eine Reise im Sommer 1862 nach Südwestfrankreich auf, die er als preußischer Gesandter unternahm. In Biarritz lernte er das russische Diplomatenpaar Orlow kennen – und knüpfte offenbar eine besonders enge Beziehung zu Katharina Orlowa. Als sich ihre Wege in Avignon trennten, brach sich Bismarck einen Olivenzweig von einem Baum ab. Zusammen mit einer Haarnadel und einer getrockneten Blume legte er diesen in sein Etui – als Erinnerung an eine persönliche Begegnung.
Bemerkenswert ist, dass dieser Zweig wenige Monate später vermutlich eine politische Rolle spielte. Am 30. September 1862 hielt Bismarck im preußischen Landtag seine berühmt gewordene „Blut-und-Eisen“-Rede. Mit drastischen Worten forderte er die Zustimmung zu einer umstrittenen Heeresreform: „Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden […], sondern durch Eisen und Blut.“ Den Zweig verwendete Bismarck für ein rhetorisches Manöver. Er sagte angeblich: „Diesen Olivenzweig habe ich in Avignon gepflückt, um ihn der Volkspartei als Friedenszeichen anzubieten; ich sehe jedoch, dass es noch nicht Zeit dazu ist.“ Zwar existiert keine offizielle Mitschrift seiner Rede – doch der symbolträchtige Zweig existiert tatsächlich. Er ist heute mitsamt dem Zigarrenetui im Museum ausgestellt.

Dass sich das Museum in Friedrichsruh befindet, ist kein Zufall: Otto von Bismarck erhielt 1871 den Sachsenwald mitsamt dem Gut Friedrichsruh als Dotation vom Kaiserhaus – eine Anerkennung für seine Rolle in der Reichsgründung. Bismarck ließ das Gelände zu einem Herrensitz umbauen und verbrachte hier nach seinem Rückzug aus der Politik seine letzten Lebensjahre. Noch heute befindet sich in unmittelbarer Nähe das Bismarck-Mausoleum.
3D-Rundgang durch das Museum

Die Otto-von-Bismarck-Stiftung übernahm das Museum 2021 und plant eine grundlegende Neugestaltung der Dauerausstellung, um aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse und einen zeitgemäßen Blick auf Bismarcks ambivalentes Erbe stärker einzubeziehen. Dabei sollen auch kritische Aspekte seiner Politik, etwa sein autoritäres Staatsverständnis oder seine Rolle im kolonialen Kontext, stärker beleuchtet werden.
Das Museum ist dienstags bis sonntags geöffnet – im Sommerhalbjahr von 10 bis 13 Uhr sowie 14 bis 18 Uhr, im Winter bis 16 Uhr. Der Eintritt ist frei. Aufgrund des historischen Gebäudes ist die Einrichtung derzeit nicht barrierefrei, eine Verbesserung ist jedoch im Zuge der Neugestaltung vorgesehen.