Seit neun Jahren bringt das CINEMARE Meeresfilmfestival unter der Leitung von Till Dietsche den Ozean auf die Kinoleinwand und mit ihm die Fragen unserer Zeit.

Was als kleine Initiative begann, ist längst ein fester Bestandteil des Kieler Kulturlebens: ein Festival, das mit Meeresbildern begeistert und gesellschaftliche Debatten anstößt. Vom Clean-Up über Kinderworkshops bis hin zu internationalen Filmproduktionen schafft CINEMARE Raum für Bildung und Inspiration.

Rund 40 Veranstaltungen an fünf Tagen, über 300 Filmeinreichungen, Kooperationen mit Partnerfestivals in Brest, San Francisco und dem internationalen Green Film Network. Festivalleiter Till Dietsche gibt Einblicke in die Idee hinter dem Festival. Das Festival hat vom 14. bis zum 18. Mai 2025 in Kiel stattgefunden. Das zehnjährige Jubiläum des Cinemare Meeresfilmfestivals findet vom 6. bis zum 10. Mai 2026 in Kiel statt.
Der Blick durch die Taucherbrille
Die Idee für das CINEMARE Meeresfilmfestival entwickelte Till Dietsche während seiner Tätigkeit als Tauchlehrer in Taiwan. Innerhalb weniger Jahre beobachtete er, wie Unterwassergärten und Arten sich veränderten und verschwanden. Die Idee, die Perspektive unter der Wasseroberfläche auf die Kinoleinwand zu bringen, war geboren.
Das Konzept: ein Ort für Bewusstseinsbildung, der ökologische Themen auf künstlerische Weise vermittelt. „Meeresschutz ist viel stärker in den Fokus gerückt“, sagt Dietsche. Dadurch entstehen neue Kooperationen und das Netzwerk wächst mit jedem Jahr.

Meeresschutz durch Visualisierung
Der Eröffnungsfilm Wunderwelt Seegraswiesen wurde im Studio Kino gezeigt und überzeugte mit eindrucksvollen Bildern und wissenschaftlich fundierten Fakten: Ein Hektar Seegras kann bis zu eine Tonne CO₂ speichern, schützt Küsten vor Erosion, dient als Kinderstube für Fische und bietet Lebensraum für zahlreiche Meeresarten.
In der anschließenden Diskussionsrunde wurde schnell deutlich, dass Meeresschutz ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Faktoren ist. Auf der Bühne diskutierten Expert:innen aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft: Dr. Katja Matthes, Direktorin des GEOMAR, Umweltminister Tobias Goldschmidt, Steffen Knodt, Sprecher des deutschen UN-Ozeandekaden-Komitees sowie Unternehmer Kristian Dittmann, der Seegras in nachhaltige Kissenprodukte verwandelt. „Ein kleiner Beitrag“, so Dittmann, „aber einer, der mich glücklich macht und vielen Menschen guten Schlaf bringt“.

Ein zentrales Thema der Diskussion war die Herausforderung bei der Wiederansiedlung von Seegraswiesen: Jede Pflanze muss einzeln von Hand eingesetzt werden – ein zeitaufwendiger und personalintensiver Prozess. Die Dokumentation zeigt aber auch Lösungsansätze: Hobby-Taucher:innen können sich beteiligen und gemeinsam mit Forschenden vom GEOMAR beim Anpflanzen unterstützen. Meeresschutz, so das Fazit, erfordert Zusammenarbeit – auf allen Ebenen. Goldschmidt betont: „Meeresschutz beginnt an Land“.
Der SeaStore-Verbund entwickelt dazu einen umfassenden Leitfaden zum Schutz und zur Wiederansiedlung von Seegraswiesen in der Ostsee. Dieser soll Behörden und anderen Akteuren helfen, Projekte zu planen, umzusetzen und zu bewerten. Der Leitfaden umfasst wichtige Schritte wie, Standortwahl, Pflanzmethoden bis hin zur Erfolgskontrolle.

Vom Zuschauen zum Handeln
Ana Stojanovic ist Geowissenschaftlerin und seit vier Jahren Teil des CINEMARE-Teams. Für sie ist das Festival mehr als ein kulturelles Event: „Man sieht, wie faszinierend und schön das Meer ist – und gleichzeitig, wie stark es bedroht ist.“ Die Filme seien nicht nur informativ, sondern oft auch berührend. „Sie inspirieren dazu, selbst aktiv zu werden.“
Besonders schätzt Stojanovic die Nähe zu den Filmschaffenden: Viele Regisseur:innen, Protagonist:innen und Produzent:innen sind anwesend. „Diese Gespräche nach den Vorführungen – das hat Wirkung. Es bleibt nicht bei einem schönen Film, das Thema begleitet die Leute darüber hinaus.“
Auffällig war 2025 zudem die starke Präsenz von Frauen: Zahlreiche Filme stammten von Regisseurinnen, vor der Kamera standen häufig Wissenschaftlerinnen, Aktivistinnen und Meeresexpertinnen im Mittelpunkt – etwas, das in den vorherigen Jahren nicht so präsent war, wie Stanjovic beobachtet hat.
Vom Meeresschutz bis zu feministischen Perspektiven

CINEMARE versteht sich nicht als moralischer Zeigefinger. Vielmehr soll das Festival Denkanstöße geben. „Wir wollen, dass Menschen mit Fragen aus dem Kino gehen – und vielleicht mit neuen Ideen.“ Ob Müll sammeln, Produkte bewusster konsumieren, Dinge reparieren oder sich in lokalen Initiativen engagieren: Handlungsmöglichkeiten gibt es viele. „Der größte Fehler ist“, sagt Stojanovic, „nichts zu tun.“
Das Festival 2025 deckt ein breites Spektrum ab: von ökologischen Herausforderungen bis hin zu persönlichen Geschichten, die von Krieg und Verlust geprägt sind und Surferinnen die sich durch ihre Stärke beweisen. Die ausgewählten Filme bieten unterschiedliche Perspektiven und thematisieren gesellschaftlich relevante Fragen. Sie regen dazu an, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen und zeigen auf, dass Engagement und reflektierte Haltung notwendig sind. Die Filme zielen darauf ab, Diskussionen anzustoßen und Aufmerksamkeit für unsere Meere und Umwelt zu schaffen.