Am Sonntagnachmittag (14. April) sollte es bunt werden in der Lübecker Innenstadt: Im Rahmen einer Kunstaktion sollte der Vorplatz des Holstentors mit buntem Schaum geflutet und gefüllt werden. Das „Happening“ der Dresdner Künstlerin Stephanie Lüning (*1978) ist Teil der partizipativen Ausstellung Hello Lübeck, die vom 11. April bis zum 28. Juli in der Kunsthalle St. Annen zu erleben ist.
Eigentlich sollte es um 14:00 Uhr losgehen. Aber die Böen am Nachmittag überstiegen die vorgegebenen Auflagen der Stadt. Die Aktion musste sich laut Genehmigung auf der definierten Fläche abspielen, und das ließ der Wind nicht zu. Zwar sind das Spülmittel und die Lebensmittelfarben, mit denen die Künstlerin arbeitet, vollständig biologisch abbaubar, dennoch sollte vermieden werden, dass Schaum in die Kanalisation und in die Trave gelangt. Auch durfte der Autoverkehr nicht durch unkontrollierte Schaumwolken beeinträchtigt werden. Also mussten Akteure und Publikum abwarten.
Gegen 19:00 Uhr hatte sich der Wind beruhigt und die Aktion durfte starten. Nach und nach füllte sich der mit Plastikplane ausgelegt Platz mit Schaum. Wie Luftballons stiegen zwischendrin Schaumfetzen auf. Das Publikum wirkte vergnügt und schien erfreut über die farbenfrohe Bewegung in der Stadt.

Ähnliche Aktionen von Stephanie Lüning fanden auch schon am Centre Pompidou in Paris und in London statt. Mit ihrer Kunst greift Lüning in urbane Infrastrukturen ein und schafft traumähnliche Szenarien, in denen sie Orte mithilfe von Farbe und Form für kurze Zeit verwandelt.
Am vergangenen Sonntag wurde nun auch das Lübecker Holstentor zum Schauplatz ihrer Kunst. Die Schaum-Kunst-Aktion verstehe sich als „ein Bekenntnis zu Frieden und Freiheit“ und wolle für eine offene und tolerante Gesellschaft werben und Empathie für unterschiedliche Sichtweisen fördern, so steht es in der Pressemitteilung der Kunsthalle St. Annen. Das stünde auch in Bezug zur lateinischen Inschrift „Concordia Domi, Foris Pax“ (Eintracht nach innen, Friede nach außen), die in goldenen Lettern auf dem Holstentor prangt.
Ob das gelungen ist?
Der Live-Stream der Lübecker Nachrichten ruft auf Facebook kontroverse Meinungen hervor. Zwei Tage nach der Aktion finden sich bereits mehr als 200 Kommentare darunter. Viele zweifeln, einige schimpfen, manche sorgen sich um Sauberkeit. Auf Nachfragen wie „Was ist denn Kunst für Sie?“ antwortet keiner der Zweifler. Andere zeigen sich durchweg begeistert, mehrere freuen sich über Bewegung in der Stadt. „Ob Kunst oder nicht: wenigstens ist mal was los in der Stadt – ich find´s gut“, schreibt beispielsweise jemand. Ein anderer kommentiert: „Für alle, die sich hier aufregen, scheint es das Highlight des Tages zu sein.“
Unterschiedliche Sichtweisen provoziert das Werk offensichtlich und den Dialog darüber bringt es offenbar auch in Schwung – für die, die bereit sind in den Dialog zu gehen.
Die Ausstellung Hello Lübeck trägt den Untertitel Dialoge mit der Kunsthalle St. Annen und möchte damit die Kunsthalle „als einen Ort des lebendigen Austauschs über die Kunst für die diversen Stimmen unserer Gesellschaft präsentieren“ und „unterschiedliche Zugänge zur Kunst für ein breites Publikum schaffen“, so wird auf der Webseite der Kunsthalle St. Annen angekündigt.
Die Schaum-Kunst-Aktion hat beides mindestens angestoßen und mitten in der Stadt einen sicht- und erfahrbaren Austausch ins Rollen gebracht.
Die Ausstellung Hello Lübeck. Dialoge mit der Kunsthalle St. Annen läuft noch bis zum 28. Juli 2024 in der Kunsthalle St. Annen.
GEÖFFNET: dienstags bis sonntags von 10:00 bis 17:00 Uhr