„Weiberhaus“ Bella Donna: Soziokultur von und für Frauen

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Die leuchtend rote Fassade des Hauses ist schon von weitem zu sehen. Große Buchstaben an der Wand verraten den Namen: „Bella Donna Haus“. In dem Gebäude in der Bahnhofstraße von Bad Oldesloe gibt es jede Menge Angebote von und für Frauen. „Bella Donna – Ein Haus von Frauen“ heißt auch der Verein, der hinter dem Projekt steht.

„Es gibt so viele Herrenhäuser, aber keines für Frauen, das fand ich ungerecht.“

„Es gibt so viele Herrenhäuser, aber keines für Frauen, das fand ich ungerecht“, erinnert sich Dagmar Greiß, die zu den Mitgründerinnen gehört. Da der Begriff „Frauenhaus“ bereits belegt ist, „habe ich gesagt, wir brauchen ein Weiberhaus in der Stadt“.

Projekt im „hässlichsten Haus“ der Stadt

Entstanden ist die Idee in einer Zukunftswerkstatt der Stormarner Kreisstadt im Jahr 1998. „Wir haben herumgesponnen und fanden, dass Frauen nicht nur – wie im Essay von Virginia Woolf – ein Zimmer für sich bräuchten, sondern ein ganzes Haus, in dem sie nicht Opfer, sondern Gestalterinnen sind“, sagt Greiß.

Das Bella Donna Haus bietet Platz für Veranstaltungen aller Art. Foto: Bella Donna e.V.

Im Jahr 2002 erwarb der Verein dann das Gebäude in der Bahnhofstraße, für Greiß damals „das hässlichste Haus in Bad Oldesloe“. Eigentlich hatten die Vereinsfrauen eine historische Mühle kaufen wollen, doch das scheiterte in letzter Minute. So kam die ehemalige Werkstatt im Zentrum ins Spiel. Über Spenden, private Anleihen und Bankkredite gelang es dem Verein, das nötige Geld aufzutreiben.

Das Haus ist mit einer tragischen Geschichte verbunden: Kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges, am 24. April 1945, starben in einem Erdbunker im Garten der damaligen Autowerkstatt Kickbusch 17 Menschen im Alter zwischen elf und 56 Jahren, Einheimische ebenso wie Zwangsarbeiter aus Belgien und Frankreich. Die „Bella Donnas“, wie sich die Ehren- und Hauptamtliche des Vereins selbst nennen, haben ihnen zum Gedenken einen Apfelbaum gepflanzt und eine Gedenktafel aufgestellt.

Platz für viele Ideen unter einem Dach

Drinnen ist das Gebäude sorgfältig renoviert. Die Tonnengewölbe der Decke sind erhalten geblieben, Holzfußböden und Jalousien mit Solarpaneelen an den Fenstern sorgen für eine angenehme Atmosphäre.

Das Haus ist so groß, dass der Trägerverein einen Teil des soziokulturellen Zentrums vermieten und damit die Kosten reduzieren kann. Die Beratungsstelle „Frauen helfen Frauen Stormarn e.V.“ nutzt mehrere Räume. Im Erdgeschoss steht der „Familiengarten“ Geflüchteten aus der Ukraine und anderen Krisengebieten auf der Welt als Treffpunkt offen. Daneben präsentiert der Weltladen seine fair gehandelten Waren. Aus dem Lokal „Mai Thai“, das seit 2011 im Haus ansässig ist, duftet es nach Gemüse und Gewürzen. Zu den medizinischen Angeboten unter dem Dach der „Bella Donnas“ gehörte bis vor einiger Zeit auch eine Hebammenpraxis, in der zahlreiche Bad Oldesloerinnen ihre Kinder bekamen.

Ein Apfelbaum im Garten des Bella-Donna-Hauses erinnert an die Kriegsopfer.

Daneben bietet das Haus Platz für Kunst und Kultur. In einem Saal im oberen Geschoss finden Veranstaltungen, Aufführungen und Konzerte statt. Im Erdgeschoss gibt es das ganz Jahr hindurch wechselnde Ausstellungen. „Teilweise sprechen wir Künstlerinnen an, aber wir sind als Ausstellungsraum inzwischen so bekannt, dass wir gefragt werden“, sagt Dagmar Greiß.

Auch beim Publikum ist das Bella Donna Haus bekannt und beliebt: „Wir haben eine Fan-Gemeinde, die zu fast allen Veranstaltungen kommt, aber es sind auch immer wieder neue Gäste dabei“, berichtet Greiß. Nur Künstlerinnen dürfen sich präsentieren, auch bei Vorträgen steht der weibliche Blick im Mittelpunkt. In einer Reihe des „Familiengartens“ unter dem Titel „Schwester, erzähl aus deinem Land“ berichten Frauen aus aller Welt von ihrem Herkunftsland.

Haus der Frauen steht allen Geschlechtern offen

Grundsätzlich stehen das Haus und die Veranstaltungen allen Personen offen, egal ob weiblich, männlich, non-binäre oder Transgender-Personen. Nur einige Räume in der Frauenberatungsstelle sind als sichere Orte definiert, die biologische Männer nicht betreten dürfen.

Die künstlerische Atmosphäre des Hauses färbt vermutlich ab: Ayleen Müller, Tochter der Betreiberin des Lokals MaiTai, hat eine Graphic Novel über ihr Aufwachsen in der Kleinstadt als Halb-Thailänderin geschrieben und gemalt.

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