Die wirtschaftlichen Strukturen von Museen, Schlössern und weiteren Kultureinrichtungen in Schleswig-Holstein stehen zunehmend im Fokus der kultur- und tourismuspolitischen Diskussion. Vor dem Hintergrund des aktuellen Debatten wird deutlich: Diese Institutionen sind nicht nur Träger kultureller Bildung, sondern auch bedeutende Wirtschaftsfaktoren im Freizeit- und Tourismussektor. Insbesondere nach der pandemiebedingten Durststrecke gewinnt ihre Entwicklung nun wieder an Dynamik. Doch die Herausforderungen sind vielschichtig.
Kultureinrichtungen als touristische Treiber
Freizeit- und Kultureinrichtungen erfüllen eine doppelte Funktion: Sie sind kulturelle Begegnungsräume und gleichzeitig zentrale Anziehungspunkte im Tourismusgefüge des Landes. Ob Kunstausstellung, Schlossbesichtigung oder thematische Stadtführung – das kulturelle Angebot ist ein integraler Bestandteil des touristischen Erlebnisses. Laut dem Tourismusbarometer 2024 haben sich 52 Einrichtungen in Schleswig-Holstein an einem deutschlandweiten Monitoring beteiligt. Gemeinsam erzielten sie rund 3,8 Millionen Besucher:innen – ein beachtlicher Anteil am gesamten touristischen Volumen.
Mit durchschnittlich 73.000 Gästen pro Einrichtung zeigt sich, dass insbesondere Kulturinstitutionen mit ihrer Einbindung in touristische Wertschöpfungsketten zunehmend auch unter wirtschaftlichen Aspekten zu betrachten sind. Dies gilt insbesondere für Schlösser und Museen, die mit teils zweistelligen Wachstumsraten im Vergleich zum Vorjahr zu den Gewinnern zählen.

Stabile Erholung nach der Pandemie – aber nicht für alle
Das Jahr 2023 markierte erstmals wieder ein vollständiges Betriebsjahr ohne pandemiebedingte Einschränkungen. Veranstaltungen konnten regulär stattfinden, saisonale Angebote wurden durchgehend realisiert. Dennoch bleibt das Besucherverhalten volatil: Inflationsdruck, Konsumzurückhaltung und witterungsbedingte Einbrüche – etwa durch einen verregneten Sommer – dämpften das Wachstum.
Während die schleswig-holsteinischen Freizeiteinrichtungen insgesamt um 5,6 % zulegten, lag das Wachstum unter dem Bundesdurchschnitt von 6,7 %. Im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 hat das Land jedoch schneller aufgeholt: Der Rückstand beträgt nur noch 3,1 % – deutschlandweit liegt er bei 7,6 %.
Die Entwicklung verläuft dabei je nach Einrichtungstyp unterschiedlich. Besonders hervorzuheben sind die Schlösser, die mit einem Besucher:innenplus von 14,8 % gegenüber dem Vorjahr die wachstumsstärkste Kategorie darstellen. Auch Museen und Ausstellungen konnten mit 12,9 % Wachstum deutlich zulegen. Demgegenüber verzeichnen Zoos und Tierparks ein Minus von 6,1 % – als einzige rückläufige Kategorie.

Museen: Zwischen Bildung und Besucherfrequenz
Museen und Ausstellungen befinden sich wirtschaftlich auf einem Erholungspfad – trotz struktureller Herausforderungen. Zwar lagen sie 2023 noch 7,2 % unter dem Niveau von 2019, damit aber über dem Bundesdurchschnitt (-10,4 %). In der Langzeitperspektive zeigt sich also ein positiver Trend.
Die Bedeutung der Museen reicht über reine Besucherzahlen hinaus: Sie übernehmen Bildungsaufgaben, leisten Kulturvermittlung und pflegen kulturelles Erbe. Dennoch geraten sie im touristischen Wettbewerb unter Druck. Der Vergleich mit stärker besucherstarken Einrichtungen – etwa Freizeitanlagen oder Schlösser – zeigt, dass Museen wirtschaftlich agieren müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Saisonabhängige Schwankungen, insbesondere im Herbst, wirken sich hier stärker aus. Umso wichtiger wird eine strategische Ausrichtung auf neue Zielgruppen, Digitalisierung und erlebnisorientierte Vermittlungskonzepte.
Schlösser als Erlebnisräume und wirtschaftliche Zugpferde
Die Schlösser im Land entwickeln sich zunehmend zu wirtschaftlich relevanten Tourismusmagneten. Mit einem Plus von 14,8 % gegenüber 2022 – und Zuwächsen auch im Vergleich zu 2019 – bestätigen sie ihre Attraktivität. Dennoch ist die Entwicklung heterogen: Nur 40 % der teilnehmenden Schlösser übertreffen bereits wieder das Vor-Corona-Niveau. Dies deutet auf strukturelle Unterschiede hinsichtlich Lage, thematischer Ausrichtung oder Veranstaltungsangebot hin.
Ihre wirtschaftliche Stärke basiert nicht allein auf dem Kulturerlebnis, sondern zunehmend auf touristischen Zusatzangeboten – etwa Events, Gastronomie oder buchbaren Führungen. Das Zusammenspiel aus Denkmalpflege und Erlebnisorientierung macht sie zu erfolgreichen Hybriden zwischen Kultur- und Freizeitwirtschaft.
Stadtführungen, Naturzentren & Co.: Uneinheitliches Bild
Stadtführungen profitieren vom wiedererstarkten Städtetourismus und legten um 9,7 % zu. Dennoch fehlen ihnen rund 25 % der Teilnehmenden im Vergleich zu 2019 – digitale Angebote übernehmen hier zunehmend die Funktion klassischer Formate.

Naturinformationszentren (+10,8 %) und Freilichtmuseen (+3,4 %) zeigen ebenfalls solide Wachstumsraten, wenngleich diese von saisonalen Faktoren abhängen. Letztere übertreffen sogar das Vor-Corona-Niveau – ein Hinweis auf den wachsenden Trend zu naturnaher Bildung und Freizeitgestaltung.
Kulturwirtschaft als ökonomischer Faktor mit Entwicklungsbedarf
Museen, Schlösser und Kultureinrichtungen sind nicht nur kulturelle Orte, sondern auch ein stabilisierender Wirtschaftsfaktor im ländlich geprägten Schleswig-Holstein. Der wirtschaftliche Vergleich mit touristischen Freizeiteinrichtungen zeigt: Kulturorte holen auf – bei Besucher:innenzahlen, wirtschaftlicher Bedeutung und Wettbewerbsfähigkeit.
Gleichzeitig bleibt die Herausforderung, die Balance zwischen Kulturauftrag und Wirtschaftlichkeit zu halten. Insbesondere Museen müssen sich angesichts veränderter Besucherbedürfnisse, digitaler Transformation und Konkurrenz durch erlebnisorientierte Angebote strategisch weiterentwickeln.
Der Blick nach vorn zeigt: Die Zukunft der Kultureinrichtungen liegt in der Verknüpfung von kulturellem Inhalt, touristischer Erlebbarkeit und wirtschaftlicher Tragfähigkeit. Eine enge Verzahnung mit Tourismusstrategien, Investitionen in Infrastruktur und innovative Vermittlungsformate sind dabei zentrale Stellschrauben.
Und wie sieht es für 2025 aus?
Die Halbjahresbilanz 2025 im Schleswig-Holstein-Tourismus fällt insgesamt positiv aus. Mit einem erneuten Plus bei den Übernachtungen verzeichnet das nördlichste Bundesland das beste Halbjahresergebnis seiner Geschichte. Besonders die Ostsee bleibt Wachstumstreiber, während die Nordsee stabil zum Erfolg beiträgt – gemeinsam stemmen sie 83 % des Gesamtvolumens.
Kulturelle Veranstaltungen und Kongresse spielen dabei eine zentrale Rolle: Sie beleben vor allem das städtische Geschäft und fördern die Rückkehr zu klassischen Urlaubsmustern – auch in Zeiten knapper Kassen. Die späten Osterferien wirkten sich zusätzlich positiv aus und markierten für viele Gäste den touristischen Saisonstart.
Kulturelle Highlights im ersten Halbjahr – darunter etablierte Festivals, Ausstellungen und Fachkongresse – sorgten für zusätzliche Besucherimpulse. Städte wie Kiel, Lübeck und Flensburg profitierten sichtbar vom Kulturtourismus und steigender Nachfrage nach urbanen Erlebnissen.
Die Prognose für das touristische Gesamtjahr 2025 ist optimistisch – insbesondere dank der bevorstehenden Herbst- und Wintermonate, in denen traditionell 60 % des Jahresvolumens generiert werden.
Lesen Sie auch den 1. Teil Museen: Teuer und verzichtbar oder wirtschaftlicher Motor mit Milliardenwirkung?
und den 2. Teil Schleswig-Holstein – Kleine Budgets, großer Kultur- und Tourismuseffekt – Museen als Renditebringer? Teil 2
Quelle: Sparkassen-Tourismusbarometer Schleswig-Holstein / Jahresbericht 2024.