Das Gesicht der Medusa, umrahmt von Schlangenhaar. Bänke und Badewannen. Ofenplatten. Röhrende Hirsche und heroische Büsten: Die Gegenstände, die das Eisenkunstguss-Museum in Büdelsdorf auf seiner kleinen Ausstellungsfläche zeigt, sind auf den ersten Blick ganz unterschiedlich. Gemeinsam haben sie das Material: Gegossenes Eisen, das „PET des 19. Jahrhunderts“, wie das Motto in einem der Räume lautet. 2015 wurde das Haus saniert und die Dauerausstellung komplett umgestaltet. Damit präsentiert das Museum aus den 1960er Jahren sein Nischenthema modern und ist ganz im 21. Jahrhundert angekommen. Zwar steht das Gusseisen im Mittelpunkt, doch Besucher:innen erfahren auch viel über die Geschichte der benachbarten früheren Gießerei Carlshütte und den Alltag im 19. Jahrhundert.

Ein Lichtband wie lodernde Glut
Ein breites Band in Orange zieht sich durch das Foyer. Das Lichtband an Wand und Decke leuchtet nicht zufällig in der Farbe lodernder Glut – es führt optisch weiter vom Empfang in einen Raum, in dem es um die Eigenschaften und die Produktion von Eisen geht. An Experimentierstationen können sich gerade jüngere Besucher:innen damit befassen, wie sich Erz in Eisen verwandelt. Die Älteren finden einige Informationen über die Geschichte der Carlshütte, die eng mit dem Museum verbunden ist.
Marcus Holler gründete die Eisengießerei Carlshütte im Jahr 1827 und benannte sie nach dem Prinzen Karl von Hessen-Kassel, der dänischer Statthalter der Herzogtümer Schleswig und Holstein und Hollers Förderer war. Holler hatte vom dänischen König das Privileg erhalten, nahe der Garnisonsstadt Rendsburg Erz zu fördern und zu Eisen zu verhütten, also Erz in einem Hochofen zu schmelzen, um das wertvolle Metall zu erhalten. „Gerade das aber funktionierte nicht“, weiß Museumsleiterin Ulrike Biedenbänder. Zwar kommt in Schleswig-Holstein so genanntes Raseneisenerz vor, ein Mineral, aus dem die damals in der Region lebenden Stämme bereits etwa vier Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung Eisen herstellten.

Für die Ansprüche des 19. Jahrhunderts reichte dessen Qualität aber nicht aus. Zudem kam der Hochofen der Hütte wegen technischer Mängel nie zum Einsatz. So musste Holler von Anfang an Roheisen aus England importieren, das in der Hütte veredelt wurde: Eisenguss statt Verhüttung. Dabei machte die Produktion von Gebrauchsgegenständen den Hauptteil der Arbeit aus. So gut wie alles ließ sich aus Gusseisen herstellen, zum Beispiel Tische, Stühle, Schalen, Geschirr oder Vasen. Die Kunst-Gießerei mit ihren detailreichen Motiven machte nur ungefähr fünf Prozent aus, so Biedenbänder.
Vom Eisenguss zur Ausstellung NordArt
Ab 1883 stieg die Familie Ahlmann in die Carlshütte ein, die 1941 in Ahlmann-Carlshütte K.G. umbenannt wurde. Doch die Geschäfte liefen schleppender. Bereits 1974 stand der Betrieb vor der Insolvenz, konnte die Pleite aber noch abwenden. Doch 1997 kam das endgültige Aus für den Traditions-Betrieb. Nachfolger ist die ACO-Gruppe, die international tätig ist, aber ihren Stammsitz weiterhin in Büdelsdorf hat. Auf dem Gelände und der ehemaligen Produktionshalle der Carlshütte findet seit 1999 die internationale Kunstausstellung NordArt statt.
Das Eisenkunstguss-Museum liegt unweit der Carlshütte. Eröffnet wurde es am 5. Dezember 1963, am Geburtstag von Käte Ahlmann, die die Firma seit dem Tod ihres Mannes Julius im Jahr 1931 geleitet hatte. Sie stiftete das Museum und war in die Planung des – damals hochmodernen – Bau beteiligt. Die Eröffnung erlebte sie nicht mehr, sie war ein halbes Jahr zuvor im Alter von 73 Jahren gestorben.

Früher ein Museum für Fans
Als Werksmuseum zeigte die Ausstellung vor allem Prunkstücke der Produktion, der größte Raum war Öfen gewidmet. Fachleute und Fans, darunter viele ehemalige Mitarbeiter der Carlshütte, konnten sich an den kunstvollen Platten mit Motiven aus der griechischen Sagenwelt oder Jagdszenen begeistern. Doch das restliche Publikum – etwa Schulklassen – schlenderte desinteressiert vorbei.
Seit 2013 gehört das Büdelsdorfer Eisenkunstguss-Museum zum Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte und damit zur Stiftung Landesmuseen Schloss Gottorf, wie auch andere Museen, etwas das Jüdische Museum in Rendsburg. Weil es nicht mehr reicht, „Objekte mit einem Schildchen zu präsentieren und zu hoffen, dass sie ihre Geschichte freiwillig preisgeben“, beschloss die neue Leitung den Umbau, schreibt Kirsten Baumann, von 2013 bis 2021 Direktorin des Landesmuseums, im Vorwort eines Büchleins über die neue Dauerausstellung. Möglich war das auch durch ein beträchtliches Erbe, das Käte Ahlmanns Sohn Josef-Severin dem Museum hinterlassen hatte.
„Objekte mit einem Schildchen zu präsentieren, reicht nicht mehr.“
Kirsten Baumann, ehemalige Museumsdirektorin
Der Grundriss des Flachbaus, den der dänische Architekt Carl Storgård entworfen hat, blieb erhalten. Das rote Leuchtband führt die Besucher:innen durch die Abteilung der „Antikenrezeption“, in der Schalen und Vasen mit klassizistischen Motiven gezeigt werden, zu den Schmuckstücken aus Eisen, die im Zuge des Krieges gegen Napoleon entstanden – „Gold gab ich für Eisen“, lautete 1813 das Motto. Es folgt eine Abteilung mit Alltagsgegenständen aus Gusseisen, ein kleiner Bereich mit Öfen – darunter solche aus Bauernhäusern mit vielen Knäufen, die sich als Taschenwärmer abschrauben lassen – und eine Abteilung, die sich der Jagd widmet. Denn röhrende Hirsche, Hunde und Wildschweine waren Lieblings-Einrichtungsgegenstände im biedermeierlichen 19. Jahrhundert, und sie bestanden natürlich aus dem Lieblings-Material der Zeit: Gusseisen.
Hier geht es zur Website des Eisenkunstguss-Museums: https://das-eisen.de/de/startseite