Wohltemperierte Bauten – Ausstellung im Freilichtmuseum Molfsee

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Etwa 20 Grad beträgt die Temperatur, bei der sich Menschen in ihren Wohnräumen am wohlsten fühlen. Allerdings entsteht diese Wohlfühltemperatur nicht von allein. Wie Europäer:innen es sich früher erträglich gemacht haben, wenn draußen Schnee fiel oder die Sonne brannte, zeigt die Ausstellung „Wohltemperiert. Für klimagerechte Architektur“, die bis November 2025 im „Jahrhunderthaus“ des Freilichtmuseums Molfsee zu sehen ist. Dabei verharren die Ausstellungsmacher:innen nicht beim Rückblick. Sie wollen aus den wohltemperierten Bauten der Alten Anstöße für die Zukunft ableiten.

Je kleiner der Raum, desto leichter zu heizen

Baumwollstoff hängt unter der Decke im Untergeschoss des Jahrhunderthauses. Durch die gleichmäßigen Wellen, in die das Tuch gelegt ist, scheint die Decke niedriger. Ein kleinerer Raum lässt sich leichter heizen: Das ist ein Bau-Prinzip, das die Ausstellung „Wohltemperiert“ vorstellt. Weitere Prinzipien heißen „Raum im Raum“, „Hot spot“, also der Herd als klimatischer und sozialer Mittelpunkt des Hauses, „Kokon“, ein von Stoff oder Wänden geschützter Schlafplatz, und „Übergangszone“ als Bereich zwischen Drinnen und Draußen. Alle diese Prinzipien lassen sich auf Fotos historischer Häuser finden, aber auch im Ausstellungsraum selbst und draußen in der Freifläche. Damit hat das Team des Freilichtmuseums um Leiterin Kerstin Poehls und Kuratorin Babette Tewes die Ausstellung, die ursprünglich für den Slowenischen Pavillon der Architektur-Biennale 2023 konzipiert war, erweitert und eine Verbindung zu Schleswig-Holstein geknüpft.

Fotos zeigen 50 Bau-Ideen aus ganz Europa. Foto: Dewanger


„Die Fläche ist hier dreimal so groß wie bei der Biennale“, freut sich der slowenische Architekt Jure Grohar, einer der Verantwortlichen der ursprünglichen Ausstellung. Sein Team hatte 50 Architektur-Büros in ganz Europa aufgefordert, regionale und historische Vorbilder für ihre heutige Arbeit zu nennen. Heraus kam zum Beispiel die polnische Ogata, eine Hütte, die zur Dämmung mit Heu, Dung oder Moos verkleidet wird. Ein spanischer Innenhof, der mit Springbrunnen und Pflanzen für eine kühle Oase sorgt. Ein englisches Gutshaus, das sich durch hohe Hecken abschirmt. Eine Fischerhütte auf der dänischen Insel Læsø, deren Dach so dick mit Seegras bedeckt ist, dass es aussieht wie ein Wichtelhut. 50 Schwarz-Weiß-Fotos dieser und anderer Häuser bilden einen „Atlas“ mit Bau-Ideen.

Wohnen im Stall – warm, aber nicht zeitgemäß


Insgesamt sind es 13 Grundideen, von denen aber nicht mehr alle zeitgemäß sind. Sich das Haus mit Vieh zu teilen, mag zwar wärmen, dürfte aber nicht auf Begeisterung stoßen. Auch die Idee, im Winter als Familie in nur einem Raum zu leben, wäre vermutlich kaum durchsetzbar.


Andere Ideen aber ließen sich ins Heute und Morgen übertragen, glaubt Museumsleiterin Kerstin Poehls. „Wir können die Geschichte mit der Frage kombinieren, wie wir in Zukunft leben wollen.“ Das bestätigte Innen- und Bauministerin Sabine Sütterlin-Waack zum Start der Ausstellung:

„Klimagerechte Architektur ist eine der zentralen Fragen, mit denen wir uns befassen.“

Ministerin Sabine Sütterlin-Waack (l.) mit Museumsleiterin Kerstin Poehls vor den „Thermografien“ von Klemen Ilovar. Foto: Makoschey, Innenministerium


Immerhin will Schleswig-Holstein bis 2040 zum ersten klimaneutralen Industrieland werden. Das Bauen gehört zu den Bereichen, in denen dafür neu gedacht werden muss. Das fällt nicht leicht, verriet Sütterlin-Waack: „Bei einer Tagung mit Vertretern der Bauwirtschaft haben alle angesichts unseres Zeitplans die Köpfe geschüttelt. Aber wir dürfen unsere Ziele nicht aufgeben.“ Der Blick zurück in die regionale Baukultur sei daher eine wichtige Anregung: „Man besinnt sich auf Dinge, die es bereits gab.“

Von den alten Bau-Ideen für morgen lernen


Wie aus klassischen Vorbildern zeitgemäße Bauten werden, zeigt der Ausstellungsraum mit modernen Interpretationen der ausgewählten fünf Ideen. So hat das Handwerkerteam des Museums aus alten Ziegelsteinen einen Kubus gebaut, der in der Form an einen Ofen erinnert, aber als Sitzbank genutzt werden kann. Eine durchbrochene Wand aus Brettern schafft Übergangszonen, eine gemauerte Nische zeigt das „Kokon“-Prinzip. „Wir fanden diese Übersetzung besser, als einen historischen Alkoven aufzustellen“, sagt Kerstin Poehls.

Architekt Jure Grohar, Thorsten Sadowsky, Vorstand der Stiftung Landesmuseen, und Ministerin Sütterlin-Waack. Foto: Makoschey, Innenministerium


In einem Nebenraum hängen großformatige Bilder des slowenischen Fotografen Klemen Ilovar. Die „Thermofotografien“ sind mithilfe einer Wärmebildkamera entstanden, sie zeigen die Wärmeabstrahlungen von Gebäuden oder einzelnen Gebäudeteilen. In diesem Raum finden während der einjährigen Laufzeit der Ausstellung zahlreiche Veranstaltungen statt, sowohl für die breite Öffentlichkeit als auch für Fachpublikum. Unter anderem tagt der „ArchitekturClub“ des Bundes Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) regelmäßig in Molfsee. Eine Chance, die Gedankenanstöße der Ausstellung in die Praxis zu bringen.

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