Der Historiker Yuval Noah Harari hat uns bereits in der Vergangenheit mit seinen scharfsinnigen Analysen und provokanten Thesen begeistert. Mit seinem neuesten Werk „Nexus“ überrascht er erneut. Was die Perspektive Hararis besonders ausmacht, ist, dass er Geschichte als „Wandel“ begreift und nicht als chronologische Abfolge von Ereignissen.
In seinem neuen Buch nimmt Harari uns mit auf eine Reise durch die Zeit, allerdings nicht zurück, sondern vorwärts ausgerichtet. Es geht um nichts Geringeres als unsere Zukunft und wie Informationstechnologien sie formen könnten. Warum „Nexus“? Das Wort „Nexus“ steht für Verbindungen oder Netzwerke, und genau darum dreht sich in diesem Buch alles. Netzwerke sind für die menschliche Kultur essenziell, allerdings können sie zum Guten oder zum Schlechten verwendet werden. Solange wir reflektieren und im Gespräch bleiben, besteht zumindest die Chance, dass wir kooperativ zu einer positiven Zukunft dieser Welt zusammenarbeiten. Was aber, wenn Computer die Sprache hacken und untereinander kommunizieren und die Interaktion, als wesentlicher Teil der Humanität, aufhört?
Nach Harari sind Informationen das Lebenselixier der modernen Gesellschaft. Sie formen, wie wir die Welt sehen, verstehen und darin agieren. Ihr Medium ist die Sprache. Aber was passiert, wenn die Kontrolle über diese Informationen in den Händen weniger mächtiger Konzerne oder totalitärer staatlicher Systeme liegt? Harari wirft einen kritischen Blick auf die Tech-Riesen und ihre Macht, die politische und wirtschaftliche Landschaft zu gestalten.
Ein zentrales Thema, dem sich Harari nun widmet, ist die Rolle der Künstlichen Intelligenz in unserer zukünftigen Welt. Harari malt ein ambivalentes Bild: Einerseits bietet KI enorme Chancen, andererseits birgt sie Risiken, die wir nicht ignorieren können. Die Maschinen, die sich ihre eigenen Mythen und Erzählungen formulieren könnten, könnten tragfähige menschliche Erzählungen und Mythen wie Religionen, Kulturen, Traditionen oder auch demokratische Vereinbarungen ablösen. Sie stellen uns vor die Herausforderung, verantwortungsvoll mit dieser Technologie umzugehen.
Es ist, so schreibt Harari eindringlich, Zeit, über Verantwortung zu sprechen. Der Professor von der Hebrew University fordert uns auf, über den Einsatz und die Regulierung von Künstlicher Intelligenz nachzudenken. Denn letztendlich liegt es an uns, die Weichen für eine Zukunft zu stellen, in der Technologie zum Wohle aller eingesetzt wird. „Nexus“ ist ein Weckruf, sich den Herausforderungen unserer digitalen Zukunft zu stellen.
Menschen leben in den Träumen anderer Menschen, sagt Harari. Wenn Computer nur noch nachrechnen, was andere Computer vorgerechnet haben, mag das plausibel sein, aber keiner Wahrheit mehr entsprechen. Doch die Wahrheit ist das Herz jeder Kultur.
In einer Welt, in der Informationen und Technologie unser Leben immer stärker bestimmen, fordert uns Yuval Harari auf, eine fundierte und zugleich kritische Perspektive zu finden. Nur zusammen werden wir stärker sein; Hunger und Elend in der Welt, geopolitische Spannungen und vor allem den Klimawandel können wir nur gemeinsam bekämpfen. Dafür braucht es humanitäre Kommunikation und vor allem den Dialog. Ein idealer Ausgangspunkt, um miteinander ins Gespräch zu kommen – über die Zukunft, die wir uns wünschen und wie wir sie gestalten können.
Was wäre dies doch für eine schöne Utopie: dass uns eine neue Technologie dabei unterstützt, ganz basale menschliche Probleme zu lösen, statt sie zu verstärken.
Mehr zu Nexus erfahren Sie auf der Website von Yoel Noah Harari.