Karin Schmitt sitzt mit einem Fisch im Bett. Der Fisch hat große, runde Augen und ein breites Maul, trägt ein langes, bläulich-weißes Gewand, die Farbe erinnert an Wasser, der Schnitt an ein Nachthemd. Er bewegt sich, wenn Karin Schmitt den Arm bewegt. Die Puppenspielerin trägt Pullover und Jeans, es ist kühl in ihrem Probenraum, der einen Teil des Resthofes bei Bad Malente bildet, in dem Schmitt mit ihrer Familie wohnt.
Schweden, Frankreich, Berlin, Bad Malente

Geboren wurde Karin Schmitt in Schweden, sie wuchs in Frankreich auf und studierte in Berlin. Nach Ende ihres Puppenspiel-Studiums an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin zog es sie zunächst in den Osten der Republik, denn dort gibt es traditionell mehr Bühnen, die eine feste Figurentheatersparte haben. Allerdings war Schmitt nur zwei Jahre festangestellt, seither arbeitet sie als freischaffende Puppenspielerin.
Die Anfänge waren nicht leicht, aber aus der Zeit an der Ernst Busch Hochschule stand Schmitt weiter in Kontakt zu den Mitgliedern ihres Abschlussjahrgangs. 2006 gründeten sie gemeinsam unter dem Namen „die exen“ – für Ehemalige – ein „Ensemble ohne Bühne“. Die exen sind über die ganze Republik verteilt, aber es gibt eine gemeinsame Homepage und immer wieder Kooperationen zwischen einzelnen Mitgliedern. Weitere Inspiration erhält sie von ihrem heutigen Mann, dem Bühnenbildner und Figurenbauer Christof von Büren: „Ich finde seine Arbeit toll.“ Das Paar suchte zunächst in den neuen Bundesländern nach einem Haus, landete am Ende aber in Schleswig-Holstein. Ein Grund sei auch das politische Klima und die Fremdenfeindlichkeit gewesen, die im Osten immer spürbarer wurde, sagt Schmitt.
Die Stücke der Puppenspielerin werden erwachsener

In den ersten Jahren der Freiberuflichkeit spielte sie vor allem Kinderstücke – auch wegen der eigenen Töchter, die heute 19 und 17 Jahre alt sind: „Die Stücke sind sozusagen mit den Kindern mitgewachsen.“ Einige der frühen Sachen spielt sie immer noch, gerade in der Vorweihnachtszeit tritt sie in den Kitas der Umgebung auf. Doch das junge Publikum wandle sich, berichtet die Puppenspielerin: „Die Aufmerksamkeit ist schnell weg, man muss ständig Action machen.“ Das sei bei einem Stoff wie dem traurigen „Sterntaler“-Märchen manchmal frustrierend: „Man fängt an und versucht eine Stimmung zu erzeugen, da sagen die ersten schon, dass sie es langweilig finden.“
Puppenspiel über Demenz und den eigenen Vater
Seit 2016 entwickelt und spielt Schmitt überwiegend Stücke für Jugendliche oder Erwachsene. Dazu zählt auch das neue Stück, in dem der große Fisch im Bett eine Rolle spielt. Im Frühjahr 2025 soll es Premiere in der Pilkentafel in Flensburg feiern. An einen schwierigen Stoff wagte sie sich in diesem „Portrait eines Vogels“, in dem sie die Demenz-Krankheit ihres Vaters, des Malers Claude Henri Schmitt, schildert. Bis zu seinem Tod im Jahr 2021 pflegten Schmitt und ihre Geschwister den Vater. Für die Verwirrtheit findet die Figurentheaterspielerin eindrucksvolle Bilder, einmal platzt dem Vogel buchstäblich der Kopf. Die Bilder des Vaters dienen in mehreren Szenen als Hintergrund – für Schmitt war das auch eine Möglichkeit, sich mit dem Werk neu zu befassen.

Auch das neue Stück greift etwas aus ihrem eigenen Leben auf: Das Bühnenbild zeige ihr Jugendzimmer in Frankreich, allerdings traumhaft verzerrt. Der Fisch ist der „Hüter der Geheimnisse“, sagt Schmitt. „Ich arbeite mit Bildern und Begriffen, daraus entwickelt sich nach und nach das Stück.“
Für die kreative Arbeit bietet das Haus im Umland von Malente viel Platz. Vom Probenraum geht es in die Werkstatt, in der Pinsel, Werkstoffe und Puppen in verschiedenen Stadien liegen. Weitere, bereits fertige Figuren hängen oder stehen in einer Kammer neben dem Probenraum. Darunter sind „Herr Hase“ mit langen Ohren und Strickpullover, die Silhouette einer Ziege mit Geige, die wie ein Schattenriss wirkt, eine übergroße Uhr. Die Figuren lässt sie meist von ihrem Mann anfertigen: „Sehr praktisch, einen Bühnenbildner und Puppenbauer im Haus zu haben“, lacht die 50-jährige Künstlerin.
Puppenspiel war Schmitts Kindheitstraum
Zum Figurentheater zog es sie früh: „Ich habe mit 13 Jahren eine Aufführung gesehen und wollte Spielerin werden, aber das schien völlig unrealistisch“, erzählt sie. Nach dem Schulabschluss in Frankreich begann sie ein Studium an der Pariser Sorbonne mit dem Ziel, als Lehrerin zu arbeiten. Die Theorie sei großartig gewesen, die ersten Praxis-Tests dagegen Horror: „Ich war Anfang 20, sah aus wie 15 und wurde zum Unterrichten in einen Pariser Vorort geschickt. Ich war der Lage null gewachsen.“

Nach dieser Erfahrung brach sie das Studium ab, jobbte und landete beim Kindheitstraum Puppenspiel. Dank ihrer Mehrsprachigkeit bewarb sie sich gleich in verschiedenen Ländern und erhielt einen Platz in Berlin. Dabei sprach sie ausgerechnet Deutsch nicht so gut. „Die Anfangszeit war richtig hart. Inzwischen ist Deutsch meine Theatersprache geworden – einige Begriffe weiß ich auf Französisch gar nicht.“ Dennoch ist die Sprache ihrer Kindheit ihre „Herzenssprache“ geblieben: „Mit Kindern und Tieren rede ich Französisch.“
„Mit Kindern und Tieren rede ich Französisch“
Dazu hat sie reichlich Gelegenheit: Auf einer Wiese neben dem Resthof weiden Ziegen, die meckernd herankommen, als Schmitt den Futtereimer füllt. Die Familie hält auch zwei Pferde, und natürlich schleicht auch eine arrogant dreinblickende Katze durchs Haus. Karin Schmitt liebt die Weite, die Ruhe und die Landschaft: „Es ist wunderbar hügelig, gleichzeitig ist das Meer nicht weit – perfekt.“
