Lass krachen, Hayato Sumino!

Teilen

Der japanische Pianist Hayato Sumino ist der 24. Preisträger des Leonard Bernstein Awards. Warum er die Auszeichnung verdiente, beantwortete Christian Kuhnt, Intendant des Schleswig-Holstein-Musikfestivals, nach Suminos Konzert knapp: „Das haben wir gerade alle gehört.“

Pathos und Perlen

Der Preis ist bunt: Zum 24. Mal wurde der Leonhard Bernstein Award vergeben. Foto: John Garve

Das Stück, mit dem der 29-jährige Sumino beim Preisträgerkonzert in der Lübecker Musik-und Kongresshalle (MUK) begeisterte, stammt von Sergei Rachmaninow. Das „Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 in c-Moll Opus 18“ wurde 1901 uraufgeführt. Sowohl für den 1943 verstorbenen russischen Komponisten Rachmaninow als auch für den 1995 geborenen Pianisten Sumino bedeutet dieses Konzert etwas ganz Besonderes.

Rachmaninow widmete sein Werk dem Psychiater, der ihn in einer Phase der Depression behandelt hatte. Hayato Sumino trat mit eben diesem Konzert bei einem Wettbewerb an, gewann und entschied daraufhin, sein Ingenieursstudium an den Nagel zu hängen und sich ganz der Musik zu widmen. Das berichtete er in einem kleinen Interview nach der feierlichen Preisverleihung.

Zu diesem Zeitpunkt hatte das Publikum in der ausverkauften MUK ein Konzert gehört, in dem Pathos und Perlenklänge einander ablösten. Sumino, der als YouTube-Star „Cateen“ über eine Million vor allem junger Fans für klassische Musik begeistert, ließ es am Flügel richtig krachen.

Rachmaninow liefert Popsong-Motive

Der erste Satz des Konzerts beginnt mit mächtig Wumms. Oder eleganter ausgedrückt: mit „massiven weiten Akkorden und kräftigen Oktaven“, wie Lea Kollath in einem Text im Programmheft des Konzerts schreibt. Sie benennt auch die technische Schwierigkeit des Stücks: Die Griffe liegen besonders zu Beginn des Satzes weit auseinander, es braucht daher großes Geschick, um die Passagen sauber zu spielen.

Perlend und zart schließt sich der zweite Satz an. Dessen Motiv können auch viele Menschen mitsummen, die nichts mit klassischer Musik am Hut haben: Der Popsong „All by myself“, geschrieben von Eric Carmen und in der Coverversion von Celine Dion ein Welthit geworden, ist eindeutig von Rachmaninow inspiriert. Bis heute fließen Tantiemen an die Erben des russischen Künstlers.

Mitreißend spielte Sumino auch den finalen Satz. Begleitet und getragen wurde er dabei vom Schleswig-Holstein-Festival-Orchester, das Holly Choe dirigierte. Die gebürtige Südkoreanerin, die in den USA aufwuchs, führte das Orchester aus Nachwuchstalenten sicher und elegant. Am Ende verbeugte sie sich Arm in Arm mit Hayoto Sumino. Das Publikum dankte mit stürmischem Applaus und Standing Ovation.

Selfie mit Superstar: SHMF-Intendant Christian Kuhnt (l.) nutzte den Moment auf der Bühne mit Hayato Sumino. Foto: John Garve

Leonard Bernstein verliebte sich in Schleswig-Holstein

Die Verleihung des Leonard Bernstein Awards ist seit 2002 ein fester Bestandteil des Festivals. Bernstein besuchte 1985 erstmals Schleswig-Holstein und soll sich spontan in Land und Leute verliebt haben. 1986 trat er als Dirigent beim ersten Musik-Sommer in der Kieler Ostseehalle auf und blieb dem SHMF bis zu seinem Tod 1990 treu. Die Nachwuchsförderung sei ihm immer wichtig gewesen, sagte SHMF-Intendant Christian Kuhnt, der zur Jury des Bernstein-Awards gehört. „Für Leonard Bernstein gab es keine E- oder U-Musik, sondern nur gute oder schlechte.“ Und wie Bernstein sich in Schleswig-Holstein verliebt habe, verliebe sich Schleswig-Holstein nun in Hayato Sumino.

Auch Oliver Stolz, Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes Schleswig-Holstein, gehörte der Jury an. Der Verband und seine Mitglieder sind die wichtigsten Sponsoren des SHMF und sind damit maßgeblich am Leonhard Bernstein Award beteiligt. “Kultur braucht einen hohen Stellwert in unserem Land“, sagte Stolz unter Applaus. Es sei wichtig, neue Talente zu erkennen und zu fördern, um sie dem Publikum in Schleswig-Holstein und schließlich in der ganzen Welt präsentieren zu können.

YouTube-Star an den Tasten

Viel Werbung braucht Hayato Sumino eigentlich nicht mehr. Er stammt aus Tokio, wo er mit viel Musik und einem Klavier im Wohnzimmer aufwuchs. Seine Mutter war Musiklehrerin, der kleine Hayato saß bereits mit drei Jahren am Instrument. Eine Musikschule hat er nie besucht, stattdessen studierte er Ingenieurswissenschaften und befasste sich unter anderem mit KI. International bekannt wurde er, als er 2018 den Grand Prix der japanischen Piano Competition gewann. Den nächsten Erfolg feierte er beim 18. Internationalen Chopin-Wettbewerb in Warschau, wo er 2021 Halbfinalist wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits eine große Zuhöhrer:innenschaft auf Social-Media-Kanälen. Allein bei YouTube folgen ihm 1,48 Millionen Menschen.

Gruppenbild mit Ministerpräsident Daniel Günther (r.), Dirigentin Holly Choe (vorn links) und Intendant Christian Kuhnt (liegend). Foto: Julia Petersen

Suminos Wechsel zwischen Konzertsaal und YouTube und seine Art, Klassik auf kreative und moderne Weise zu interpretieren, seine Vielseitigkeit und Schaffenskraft waren Gründe für die Jury, den jungen Pianisten mit dem Leonard Bernstein Award zu würdigen.

Wer Hayato Sumino in diesem Jahr verpasst hat, erhält 2026 eine neue Chance: „Ich habe ihn bereits für das Schleswig-Holstein-Musikfestival im nächsten Jahr verpflichtet“, verriet Intendant Kuhnt.

Unterstützen Sie kulturkanal.sh
– für eine lebendige Kulturszene

Vielen Dank, dass Sie kulturkanal.sh nutzen. Unser Online-Feuilleton für Schleswig-Holstein bringt Ihnen spannende Inhalte und aktuelle Berichte über das vielfältige kulturelle Leben in unserer Region.

Um weiterhin unabhängige und hochwertige Inhalte anbieten zu können, brauchen wir Ihre Unterstützung.

Mit einer freiwilligen Zahlung helfen Sie uns, durch unsere Berichterstattung die Kultur vor Ort zu fördern.

Jeder Beitrag zählt – machen Sie mit und stärken Sie die regionale Kultur!

Themen

Teilen

Das könnte Sie auch interessieren

Meistgelesen

Neueste Artikel

Datenschutz
Kulturkanal.sh GbR, Inhaber: Birthe Dierks, Esther Geißlinger, Pauline Reinhardt, Bernhard Martin Schweiger, Gerd-Richard Warda, Kristof Michael Warda (Firmensitz: Deutschland), würde gerne mit externen Diensten personenbezogene Daten verarbeiten. Dies ist für die Nutzung der Website nicht notwendig, ermöglicht aber eine noch engere Interaktion mit Ihnen. Falls gewünscht, treffen Sie bitte eine Auswahl:
Datenschutz
Kulturkanal.sh GbR, Inhaber: Birthe Dierks, Esther Geißlinger, Pauline Reinhardt, Bernhard Martin Schweiger, Gerd-Richard Warda, Kristof Michael Warda (Firmensitz: Deutschland), würde gerne mit externen Diensten personenbezogene Daten verarbeiten. Dies ist für die Nutzung der Website nicht notwendig, ermöglicht aber eine noch engere Interaktion mit Ihnen. Falls gewünscht, treffen Sie bitte eine Auswahl: